Chronologie Lokalnamen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 27. Dezember 2006, 08:55 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Überblick Schreibweise von Orts- und Lokalnamen
- 1.1 Orts- und Lokalnamen
- 1.2 28.3.2006 Rückmeldungen zur Vernehmlassung Toponymische Richtlinien
- 1.3 24.5.2006 Antwort des Bundesrates auf die Anfrage von Nationalrätin Kathy Riklin bezüglich Schreibweise von Lokalnamen
- 1.4 24.5.2006 Vernehmlassung Entwurf Leitfaden Toponymie Mai 2006
- 1.5 3.11.2006 Herbsttagung SGK Schaffhausen
- 2 Weblinks
Überblick Schreibweise von Orts- und Lokalnamen
Orts- und Lokalnamen
28.3.2006 Rückmeldungen zur Vernehmlassung Toponymische Richtlinien
Swisstopo veröffentlicht am 28. März 2006 Rückmeldungen zur Vernehmlassung der Toponymischen Richtlinien
Der Übergang vom Entwurf Toponymische Richtlinien zum Leitfaden Toponymie ist nicht transparent. Warum plötzlich ein Leitfaden?
Stellungnahmen Fachorganisationen
Stellungnahme der SIK-GIS vom 12.Sept 2005 enthält beispielsweise unter anderem folgende Forderungen:
- Es soll eine Projektgruppe gebildet werden, in welcher auch Sprachwissenschafter und andere Fachleute paritätisch vertreten sind, welche eine grundsätzliche Beibehaltung der Kompromissschreibweise 1948 für Lokalnamen als befürworten. Diese Projektgruppe soll die eingegangenen Stellungnahmen sichten und zuhanden der swisstopo und der Kantone einen Konzeptvorschlag für das weitere Vorgehen unterbreiten.
- Die Kompromisslösung gemäss Weisungen 1948 ist unbedingt zu belassen, und auf die konsequente Schreibweise nach Dieth ist grundsätzlich zu verzichten. Insbesondere sollen nach wie vor Standardschreibweisen gemäss Beispiele 2.2 a) in der Regel verwendet werden. Auf die Anzeige von Dehnungen durch Verdoppelung der Vokale gemäss Beispiele 2.2 c) soll in der Regel verzichtet werden. Solche Doppelvokale erschweren die Lesbarkeit der Namen und führen bei Laien zu vermehrter Unsicherheit über die richtige Aussprache.
Leider wurde bei der Erabeitung des Leitfadens Toponymie 2006 weder eine Projektgruppe gebildet werden, in welcher auch Sprachwissenschafter und andere Fachleute paritätisch vertreten gewesen wären, welche eine grundsätzliche Beibehaltung der Kompromissschreibweise 1948 für Lokalnamen befürworten, noch wurde die Kompromisslösung gemäss Weisungen 1948 beibehalten. Leider wurde nicht eine pragmatische, sondern eine wissenschaftliche Lösung ausgearbeitet. Leider wurde nie publiziert, wo angebliche Mängel der Weisungen 1948 konkret zu finden sind. So verhätet sich der Verdacht, dass es alleine darum ging, mehr Mundart zuzulassen.
24.5.2006 Antwort des Bundesrates auf die Anfrage von Nationalrätin Kathy Riklin bezüglich Schreibweise von Lokalnamen
Anfrage Nationalrätin Kathy Riklin und Antwort des Bundesrates Der Bundesrat teilt die Auffassung, wonach die Weisungen 1948 einen sinnvollen Kompromiss zwischen berechtigter Schrifttradition und reiner Lokalsprache darstellen.
24.5.2006 Vernehmlassung Entwurf Leitfaden Toponymie Mai 2006
Das Bundesamt für Landestopografie (swisstopo) sendet denEntwurf Leitfaden Toponymie zur Stellungnahme an die Kantonsgeometer z.H. der Nomenklaturkommissionen, Experten und Fachorganisationen (SOGI, SIK-GIS, KKGEO, geosuisse).
Hauptforderung des Leitfadens:
1. Die schriftliche Form der Lokalnamen soll eindeutig sein und augenblicklich auf die zugehörige mündliche Form weisen und umgekehrt. Sie sollte auch bei jedem schriftlichen Gebrauch dieselbe sein.
2. Die Namen sollen möglichst so geschrieben werden, dass sie im (süd-) alemannischen, schweizerdeutschen Raum von Einheimischen ohne weiteres erkannt und eingeordnet werden können. Damit soll eine irrtumsfreie Orientierung und Verständigung über Orte gewährleistet werden.
Ausgangslage: Schreibweise nach ortsüblicher Sprechform
1. Für die Festlegung der Schreibweise ist in erster Linie auszugehen von der ortsüblichen Sprechform und nicht (zwingend) von der Etymologie oder einer herkömmlichen Schreibform. Etymologische Sachkenntnis, historisch belegbare Fakten und/oder sinnstiftende kulturelle Zusammenhänge können neben praktischen Bedürfnissen (z.B. allgemeiner Zweck der Karten oder der Datenbanken) die Schreibweise mit beeinflussen.
2. Mundartnamen sollen nicht in die Schriftsprache übertragen werden.
3. Zur Eruierung der ortsüblichen Sprechform sollen primär alteingesessene und ortskundige, möglichst der älteren Generation angehörige, mit dem Namenstand gut vertraute (sich beruflich in der Natur bewegende) Gewährspersonen (z.B. Bauern, Älpler, Förster, Wildhüter, Bannwarte, Jäger, Fischer) befragt werden.
4. Bei verschiedenen Sprechformen ein und desselben Namens ist die bodenständigere (d.h. von der älteren Generation noch verwendete) und, wo diese nicht (mehr) eindeutig feststeht, allenfalls die weiter verbreitete („geläufigere") für die Schreibweise massgebend.
GS6
Es wird empfohlen, Namen, deren zugrunde liegendes Wort in der Hoch- oder Standardsprache vorkommt (allgemein bekannte Namenwörter), wie alle übrigen Toponymie zu behandeln und nach der ortsüblichen Sprechform zu notieren. Also z.B. Bärg, Fäld, Stäg, Wäg, Zälg, Räge, Rein, Mei, Boum etc. (wo so gesprochen wird) und nicht – oder nur dort, wo dies die ortsübliche Sprechform ist – Berg, Feld, Steg, Weg, Zelg, Baum etc. – Demnach (z.B. im Kt. BE): Breitfäld, Höje Stäg, Räbbärg/-wärch, Chärderbärg, Chirschboummatte, Meigüetli (Angleichungsformen s. GS 7d.). – Wo die kantonale Tradition es gebietet, kann von dieser Empfehlung abgewichen werden, indem allgemein vertraute, häufig vorkommende Namenwörter, die in gleicher Form auch schweizerdeutsch sind (z.B. Berg, Feld, Weg), standardsprachlich geschrieben werden.
Viele Benutzer bevorzugen zur Schreibung der Lokalnamen weniger, aber keinesfalls mehr Mundart als Weisung 1948 und fordern deshalb vehement, den bisherigen Kompromiss Weisungen 1948 weiterhin beizubehalten und nicht durch den Leitfaden Toponymie 2006 zu ersetzen. In der kontroversen Frage über die künftigen Regeln zur Schreibung der Lokalnamen geht es letztendlich um folgende beiden Fragestellungen:
Stellungnahme der Benutzer: Soll der bisherige Standard Weisungen 1948 ersetzt werden durch einen neuen Standard Leitfaden Toponymie 2006? Ist der neue Standard besser als der alte? Aufgrund der Anforderungen an geografische Namen müssen aus Sicht der Benutzer obige beiden Fragestellungen mit «Nein» beantwortet werden. Die Organisationen SOGI, SIK-GIS und KKGEO lehnen den Leitfaden Toponymie 2006 entschieden ab und plädieren für die Beibehaltung des bisher gültigen Standards Weisungen 1948 Vgl. Stellungnahmen SOGI, SIK-GIS und KKGEO sowie die Diskussion im geowebforum.
3.11.2006 Herbsttagung SGK Schaffhausen
Am 3.11.2006 fand in Schaffhausen die Herbsttagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kartografie SGK mit vier Referaten zum Thema "Schreibweise von Lokalnamen" statt.
- Referate zum Thema "Schreibweise von Lokalnamen" sowie Statements einzelner Teilnehmer zur Frage der Schreibweise von Lokalnamen
- Azheimerhof oder Oozemerhof ?
- Schulkarte des Kantons Schaffhausen mit Schreibung von Lokalnamen in Mundart
Angelo Garovi erwähnt in seinem Referat "Die Weisungen von 1948:linguistisch-pragmatische Bemerkungen", dass er in seinem Archiv zahlreiche Stellungnahmen aus dem Jahre 1947 zum Entwurf der Schreibregeln der Landestopografie gesichtet hat. Auch damals propagierte der Bund lautnahe Schreibweise von Lokalnamen und es kam zu einem ähnlichen Schreit wie heute die Kontroverse zwischen Bund, Kantonen und Kartografen (und heute zusätzlich auch Geofachleuten). Hervorzuheben ist die damalige Stellungnahme des Kantons Schaffhausen (Zitat aus Referat von Angelo Garovi):
In der Stellungnahme der Schaffhauser, verfasst vom späteren Regierungsrat Hermann Wanner, steht zu lesen: Ohne Benützung phonetischer Zeichen wird es nie gelingen, der reichen Vielfalt der Mundart gerecht zu werden mit all den Vokalen, Umlauten, verschieden ausgesprochenen Konsonanten und auch der Betonung. So wird auch eine konsequente Mundartschreibung in den Karten in jeder Hinsicht unbefriedigend sein, weil es den einen zu weit geht und unverständlich bleibt und den Verfechtern der Mundartschreibung doch wieder nicht genügen kann.
Hermann Wanner prophezeite die Situation, welche sich nun heute abzeichnet. Aus dem Referat "Die Schaffhauser Flurnamen im Dickicht der toponymischen Richtlinien" von Alfred Richli geht hervor, dass der Leitfaden Toponymie 2006 aus Sicht des Kantons Schaffhausen zwar wesentlich mehr Mundart als Weisungen 1948 zulässt und dass der Kanton Schaffhausen sowie so schreiben will, wie er für gut hält.
Martin Schlatter legt in seinem Referat "Gründe zur Beibehaltung der Weisungen 1948 aus Sicht der Benutzer" dar, dass es in erster Linie darum geht, dass Lokalnamen nicht geändert werden, da Anpassungen in Datenbanken, Homepages, abgeleitete Namen usw. mit hohem Aufwand verbunden sind. Lokalnamen müssen im Sinne der Orientierungs- und Verständigungsfunktion folgende Aufgaben erfüllen können:
- Wo keine Gebäudeadressen existieren, müssen Lokalnamen die Funktion von Adressen übernehmen können.
- Aus Lokalnamen müssen andere Namen abgeleitet werden können.
- Lokalnamen dienen als Referenzschlüssel in Millionen von Registern, Datenbanken, Erlassen, Dokumenten, Statistiken, Webseiten usw.
Die Weisungen 1948 erfüllen diese Forderungen bestens. Zudem bieten die Weisungen 1948 aus Sicht der Benutzer wesentliche Vorteile gegenüber dem Leitfaden Toponymie 2006 wie
- Sinnvollen und bewährten Kompromiss beibehalten
- Harmonie zwischen Lokalnamen und abgeleiteten Namen sowie Harmonie innerhalb der Lokalnamen
- Einfache Schreib- und Lesbarkeit, Eignung für amtliche Schreibweise
In den Stellungnahmen einiger Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer zur Frage "Welches ist Ihre persönliche Meinung zur Schreibweise von Lokalnamen (Flurnamen) auf der Landeskarte?" wird auf die unterschiedlichen Interessen an Lokalnamen hingewiesen (vgl. Interessenkonflikte)und es wird angeregt, für die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen unterschiedliche Gefässe zu verwenden, welche miteinander verlinkt werden können:
- für die Schreibweise von Lokalnamen in Karten und Plänen wie auch als Referenznamen sollen die für die Orientierung und Verständigung über Örtlichkeiten bestens geeignete Weisungen 1948 beibehalten werden
- Historische und sprachwissenschaftliche Aspekte können mit Namenbücher, eigenständigen thematischen Geodatenebenen sowie auch Multimediaanwendungen (Klick auf Flurnamen und es ertönt die Aussprache) optimal abgedeckt werden.
Im Namenbuch des Kantons Luzernwerden Lokalnamen als Stichworte grundsätzlich nach Weisungen 1948 geschrieben, da sie sich als Suchschlüssel und Verständigungsmittel bestens eignen, vgl. dazu auch Eduart Imhof "Mein Standpunkt in der Ortsnamenfrage"