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=== Das «Warum» des Schrifbildes ===
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[http://195.149.74.241/BIRKENBIHL/PDF/TEXTE/fonetix_4_das_warum_des_schriftbilds.pdf Zitate aus «Das Falschschreib-Spiel» 2. Auflage, von Vera F. Birkenbihl und Jan Müller, Seite 126]
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* Während das Schreiben nach Gehör das genaue Hinhören schult, macht es uns gleichzeitig bewußt, daß sich unser Schriftbild nicht allein vom Klang erklären läßt. Die Wiedergabe des Klangs ist zwar die Grundidee alphabetischer Schriften, führt aber nicht zur der Rechtschreibung, die im schulischen und beruflichen Alltag gebraucht wird.
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* Damit Erwachsene Verständnis, Liebe und sogar Begeisterung für unser Schriftbild vermitteln können, müssen ihnen die Vorteile der Rechtschreibung gegenüber dem reinen Schreiben nach Gehör zunächst selber klar sein. Die Abweichungen des Schriftbilds vom reinen Klangbild lassen sich nämlich durch die Unterschiede zwischen Sprechen und Schreiben leicht erklären.
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* „Schreibe so, daß der Leser dich schnell versteht“.
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* Warum wir anders schreiben als wir sprechen:
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** Fragen wir einmal nach dem Hauptunterschied zwischen dem gesprochenen und dem geschriebenen Wort, dann ist die Antwort offensichtlich: '''DAS GESCHRIEBENE WORT IST STUMM'''. Meist begegnet es uns auch losgelöst vom Erzeuger, muß also für sich allein verständlich sein, ohne Betonung, Mimik und Gestik des Sprechers.
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** Das Schreiben nach Gehör leuchtet zwar auf Anhieb eher ein, ist aber auf Dauer schwerer zu lesen. Da Texte jedoch oft nur von einem geschrieben, aber von Millionen gelesen werden, ist der wichtigste Gesichtspunkt beim Schriftbild die '''LEICHTE LESBARKEIT'''.
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'''Geschriebene Beugung: Warum schreiben wir <-en> und <-er>?'''
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Das Wort „haben“ verschleifen wir beim Sprechen oft zu „haabn“, „haabm“ oder „haam“, „kommen“ zu „komm“, „legen“ zu „legng“, trotzdem schreiben wir immer die Endung <en> , damit der Leser die grammatikalische Form des Wortes besser erkennen kann. Aus dem gleichen Grund schreiben wir die Endung „-er“, die im Auslaut als unbetontes /a/ gesprochen wird, immer als <er>, denn bei Beugungsformen wie „unsere“, die nach der Endung weitergehen, ist das /r/ als Konsonant wieder zu hören. Ein Schriftbild rein nach Gehör würde das grammatische Verständnis beim Lesen stark erschweren.
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'''Wie entstanden <ie>, Dehnungs-h und Doppelvokal für lange Vokale?'''
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Die Buchstabefolge '''<ie>''' wurde ursprünglich als Doppellaut /i-e/ gesprochen. Als sich die Aussprache zu langem /i/ veränderte, wurde die Schreibweise beibehalten, als Längezeichen umgedeutet und bald auch für Wörter verwendet, die im Mittelhochdeutschen noch mit kurzem, im Neuhochdeutschen aber mit langem /i/ gesprochen wurden: Riese, Frieden. Ohne <ie> schrieb man weiterhin die häufigen Fürwörter dir, mir, wir, viele Lehnwörter wie Bibel, Fibel, Tiger und alle Fremdwörter wie Kilo, Maschine, Violine, da lange Vokale in offener Silbe im Deutschen die Regel sind und die kurzen Vokale bereits durch Doppelkonsonanten markiert werden.
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'''Wie kam es zur Schreibung <ai>, <ei>, <eu> und <äu>?'''
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Im Mittelhochdeutschen gab es Wörter mit dem Laut /ai/, die auch heute noch mit '''<ai>''' geschrieben werden. Die Wörter, die im Mittelhochdeutschen mit dem Doppellaut /e-i/ gesprochen wurden, werden auch heute noch mit '''<ei>''' geschrieben, obwohl sie etwa seit dem 15. Jahrhundert ebenfalls mit /ai/ gesprochen werden. Die Schreibung <ai> finden wir auch in Lehnwörtern wie Kaiser und Mai, die im Mittelhochdeutschen noch keiser und mei geschrieben wurden, sowie zur Unterscheidung gleichlautender Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung wie Laib und Leib, Saite und Seite, Waise und Weise. Der Doppellaut '''/oy/''' hat bis zu seiner heutigen Aussprache mehrere Lautwandlungen erfahren. Das Wort Leute wandelte sich von einem erschließbaren germanischen */le-udi/ über das althochdeutsche /li-uti/ zum mittelhochdeutschen <liuti>, gesprochen /lüüte/. Dieses lange /ü/ verwandelte sich schließlich im Neuhochdeutschen zu dem Doppellaut /oy/ mit der Schreibung '''<eu>''' , das als Umlautform von <au> auch '''<äu>''' geschrieben wird. Wir schreiben also heute das <eu> trotz zahlreicher Lautverschiebungen wieder genauso, wie es wahrscheinlich vor anderthalb Jahrtausenden geschrieben wurde. Das <eu> von Europa wird in anderen europäischen Sprachen zum Teil als /e-u/, /ev/, /jev/ oder /ju/ gesprochen.
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[[lokalnamen.ch]]
 
  
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Version vom 24. Mai 2007, 05:44 Uhr

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Das «Warum» des Schrifbildes

Zitate aus «Das Falschschreib-Spiel» 2. Auflage, von Vera F. Birkenbihl und Jan Müller, Seite 126


  • Während das Schreiben nach Gehör das genaue Hinhören schult, macht es uns gleichzeitig bewußt, daß sich unser Schriftbild nicht allein vom Klang erklären läßt. Die Wiedergabe des Klangs ist zwar die Grundidee alphabetischer Schriften, führt aber nicht zur der Rechtschreibung, die im schulischen und beruflichen Alltag gebraucht wird.
  • Damit Erwachsene Verständnis, Liebe und sogar Begeisterung für unser Schriftbild vermitteln können, müssen ihnen die Vorteile der Rechtschreibung gegenüber dem reinen Schreiben nach Gehör zunächst selber klar sein. Die Abweichungen des Schriftbilds vom reinen Klangbild lassen sich nämlich durch die Unterschiede zwischen Sprechen und Schreiben leicht erklären.
  • „Schreibe so, daß der Leser dich schnell versteht“.
  • Warum wir anders schreiben als wir sprechen:
    • Fragen wir einmal nach dem Hauptunterschied zwischen dem gesprochenen und dem geschriebenen Wort, dann ist die Antwort offensichtlich: DAS GESCHRIEBENE WORT IST STUMM. Meist begegnet es uns auch losgelöst vom Erzeuger, muß also für sich allein verständlich sein, ohne Betonung, Mimik und Gestik des Sprechers.
    • Das Schreiben nach Gehör leuchtet zwar auf Anhieb eher ein, ist aber auf Dauer schwerer zu lesen. Da Texte jedoch oft nur von einem geschrieben, aber von Millionen gelesen werden, ist der wichtigste Gesichtspunkt beim Schriftbild die LEICHTE LESBARKEIT.

Geschriebene Beugung: Warum schreiben wir <-en> und <-er>?

Das Wort „haben“ verschleifen wir beim Sprechen oft zu „haabn“, „haabm“ oder „haam“, „kommen“ zu „komm“, „legen“ zu „legng“, trotzdem schreiben wir immer die Endung <en> , damit der Leser die grammatikalische Form des Wortes besser erkennen kann. Aus dem gleichen Grund schreiben wir die Endung „-er“, die im Auslaut als unbetontes /a/ gesprochen wird, immer als <er>, denn bei Beugungsformen wie „unsere“, die nach der Endung weitergehen, ist das /r/ als Konsonant wieder zu hören. Ein Schriftbild rein nach Gehör würde das grammatische Verständnis beim Lesen stark erschweren.


Wie entstanden <ie>, Dehnungs-h und Doppelvokal für lange Vokale?

Die Buchstabefolge <ie> wurde ursprünglich als Doppellaut /i-e/ gesprochen. Als sich die Aussprache zu langem /i/ veränderte, wurde die Schreibweise beibehalten, als Längezeichen umgedeutet und bald auch für Wörter verwendet, die im Mittelhochdeutschen noch mit kurzem, im Neuhochdeutschen aber mit langem /i/ gesprochen wurden: Riese, Frieden. Ohne <ie> schrieb man weiterhin die häufigen Fürwörter dir, mir, wir, viele Lehnwörter wie Bibel, Fibel, Tiger und alle Fremdwörter wie Kilo, Maschine, Violine, da lange Vokale in offener Silbe im Deutschen die Regel sind und die kurzen Vokale bereits durch Doppelkonsonanten markiert werden.


Wie kam es zur Schreibung <ai>, <ei>, <eu> und <äu>?

Im Mittelhochdeutschen gab es Wörter mit dem Laut /ai/, die auch heute noch mit <ai> geschrieben werden. Die Wörter, die im Mittelhochdeutschen mit dem Doppellaut /e-i/ gesprochen wurden, werden auch heute noch mit <ei> geschrieben, obwohl sie etwa seit dem 15. Jahrhundert ebenfalls mit /ai/ gesprochen werden. Die Schreibung <ai> finden wir auch in Lehnwörtern wie Kaiser und Mai, die im Mittelhochdeutschen noch keiser und mei geschrieben wurden, sowie zur Unterscheidung gleichlautender Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung wie Laib und Leib, Saite und Seite, Waise und Weise. Der Doppellaut /oy/ hat bis zu seiner heutigen Aussprache mehrere Lautwandlungen erfahren. Das Wort Leute wandelte sich von einem erschließbaren germanischen */le-udi/ über das althochdeutsche /li-uti/ zum mittelhochdeutschen <liuti>, gesprochen /lüüte/. Dieses lange /ü/ verwandelte sich schließlich im Neuhochdeutschen zu dem Doppellaut /oy/ mit der Schreibung <eu> , das als Umlautform von <au> auch <äu> geschrieben wird. Wir schreiben also heute das <eu> trotz zahlreicher Lautverschiebungen wieder genauso, wie es wahrscheinlich vor anderthalb Jahrtausenden geschrieben wurde. Das <eu> von Europa wird in anderen europäischen Sprachen zum Teil als /e-u/, /ev/, /jev/ oder /ju/ gesprochen.



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