Identitätsstiftende Bedeutung von geografischen Namen: Unterschied zwischen den Versionen

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== Empfehlungen aus Sicht einer zweckmässigen Gebäudeadressierung ==
 
== Empfehlungen aus Sicht einer zweckmässigen Gebäudeadressierung ==
* Für die Gebäudeadressierung existieren [[Schreibweise_von_Strassennamen | '''Empfehlungen'''.]]. Für die Adressierung in dünn besiedelten Gebieten gelten folgende Empfehlungen:
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* Für die Gebäudeadressierung existieren [[Schreibweise_von_Strassennamen | '''Empfehlungen'''.]] Für die Adressierung in dünn besiedelten Gebieten wird folgendes empfohlen:
 
** Auch in dünn besiedelten Gebieten soll grundsätzlich die Nummerierung von Gebäuden an Strassen in Betracht gezogen werden. In gewissen Fällen kann die Nummerierung auf benannte Gebiete (Weiler-, Flur- und Hofnamen) sinnvoll sein.
 
** Auch in dünn besiedelten Gebieten soll grundsätzlich die Nummerierung von Gebäuden an Strassen in Betracht gezogen werden. In gewissen Fällen kann die Nummerierung auf benannte Gebiete (Weiler-, Flur- und Hofnamen) sinnvoll sein.
 
** Liegen einzelne Weiler und Höfe an einer Strasse, sollen die Gebäude grundsätzlich entlang dieser Strasse nummeriert werden. Falls wenige Weiler sehr weit (grösser als ca. einen Kilometer) auseinander liegen, kann es sinnvoll sein, benannte Gebiete mit dem Namen der entsprechenden Weiler und Höfe auszuscheiden.
 
** Liegen einzelne Weiler und Höfe an einer Strasse, sollen die Gebäude grundsätzlich entlang dieser Strasse nummeriert werden. Falls wenige Weiler sehr weit (grösser als ca. einen Kilometer) auseinander liegen, kann es sinnvoll sein, benannte Gebiete mit dem Namen der entsprechenden Weiler und Höfe auszuscheiden.

Version vom 18. Januar 2010, 20:16 Uhr

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Laui.jpg

Bildquelle: Bote der Urschweiz 16.12.2009

Für die Bauern stiften die Flurnamen Identität. Und die möchten sie auch gerne an ihre Kinder weitergeben.

Zitat aus Artikel vom 16.1.2010 im Tages Anzeiger Die «Laui» ist keine Schiltistrasse 21


Allgemeines zur Identität

  • Definition Identität: vgl. Artikel im Wikipedia
    • Beim Menschen bezeichnet Identität (v. lat. idem, derselbe, der gleiche) die ihn kennzeichnende und als Individuum von anderen Menschen unterscheidende Eigentümlichkeit seines Wesens.
  • Als unterschiedliche Eigentümlichkeit von Menschen spielen Bezeichnungen von Örtlichkeiten (geografische Namen) eine wichtige Rolle wie z.B. die Bezeichnung, wo ein Mensch gerade lebt, früher gelebt hat oder wo seine Vorfahren leben oder gelebt haben. Folgende geografischen Namen können identitätsstiftende Bedeutung haben:
    • Land
    • Kanton
    • Region
    • Gemeinde
    • Postalische Ortschaft
    • Lokaler Quartier-, Orts- und Flurname
    • Strassenbezeichnung
    • Hofnamen oder Gebäudebezeichnung
  • Meist haben mehrere geografische Namen gleichzeitig eine grosse identitätsstiftende Bedeutung, je nach dem in welchem Zusammenhang man sich von anderen Menschen unterscheiden will. In Auslandferien spielt z.B. der geografische Namen des Landes eine wichtige Rolle, bei einer Gemeindeversammlung z.B. ein Quartier-, Strassen- oder ein Hofname. Bei der Frage, wie viel Identität welche Klassen von geografischen Namen stiften, kommt es immer auf den Kontext an und es können keine allgemeingültigen Aussagen gemacht werden. Trotzdem kann z.B. festgestellt werden, dass in dünn besiedelten Gebieten Hofnamen eine grosse Bedeutung für die Identität stiften, da die Hofbezeichnung zugleich als Flurbezeichnung der näheren Umgebung existiert und ein Hofname in einer Gemeinde allgemein bekannt ist. Der Hofname ist zugleich Firmenname für Landwirtschaftsbetriebe.


Erhaltung von Orts- und Flurnamen als Kulturgut

  • Auch früher spielten Ortsbezeichnungen in ländlichen Gebieten eine grosse Rolle (vgl. z.B. Jahrbuch 1928), die Anforderungen waren jedoch weniger hoch wie heute, wo Rettungskräfte vielfach keine Ortskenntnis mehr haben und ein Gebäude im Notfall auch im ländlichen Gebiet rasch auffinden müssen.
  • Der Erhalt dieses wichtigen Kulturgutes als Ortsbezeichnungen ist in amtlichen Karten und Plänen (Landeskarte und amtliche Vermessung) im ländlichen Gebiet gewährleistet, da in den Karten und Plänen genügend Raum zur Kartierung dieser Namen vorhanden ist. Im dicht überbauten Siedlungsgebiet ist dagegen z.T. zu wenig Platz für Flurnamen vorhanden und diese bleiben nur z.B. in Flurnamenbücher erhalten.


Empfehlungen aus Sicht einer zweckmässigen Gebäudeadressierung

  • Für die Gebäudeadressierung existieren Empfehlungen. Für die Adressierung in dünn besiedelten Gebieten wird folgendes empfohlen:
    • Auch in dünn besiedelten Gebieten soll grundsätzlich die Nummerierung von Gebäuden an Strassen in Betracht gezogen werden. In gewissen Fällen kann die Nummerierung auf benannte Gebiete (Weiler-, Flur- und Hofnamen) sinnvoll sein.
    • Liegen einzelne Weiler und Höfe an einer Strasse, sollen die Gebäude grundsätzlich entlang dieser Strasse nummeriert werden. Falls wenige Weiler sehr weit (grösser als ca. einen Kilometer) auseinander liegen, kann es sinnvoll sein, benannte Gebiete mit dem Namen der entsprechenden Weiler und Höfe auszuscheiden.


Interessenkonflikte

  • Allgemein wird von der lokalen Bevölkerung aus dem Hintergrund ihrer Identität gewünscht, dass Orts-, Flur- und Hofnamen im dünn besiedelten Gebiet auch in der Gebäudeadresse erhalten bleiben. Den für die Gebäudeadressierung zuständigen Behörden sind meist im gesamtöffentlichen Interesse und einer für Ortsfremde zweckmässigen Gebäudeadressierung gewisse Schranken gesetzt. Auch im Fall, wo Hof- und Flurnamen nicht als Strassenbezeichnungen verwendet werden können, bleiben diese Namen als wichtiges Kulturgut auf Karten und Plänen erhalten und werden auch von der Bevölkerung weiterhin verwendet und erleichtern die Navigation, vor allem wenn z.B. Höfe mit dem Hofnamen beschriftet sind. Strassenbezeichnung enthalten vielfach übergeordnete Flurnamen.
  • Es besteht vielfach ein Interessenkonflikt zwischen den Wünschen der Bevölkerung an die Gebäudeadressierung aus Sichte der identitätsstifende Bedeutung von Orts- und Flurnamen und einer für ortsfremde zweckmässigen Gebäudeadressierung für das rasche Auffinden im Notfall.
  • Für die Abwägung der Interessen wirkt erschwerend mit, dass die Gebäudeadressierung in dünn besiedelten Gebieten grundsätzlich eine recht schwierige Angelegenheit ist und ein Ermessensspielraum besteht. Da es um die Frage der Identität der Bevölkerung geht, können Emotionen den Dialog erschweren.


Beispiele

Hinterthurgau - Südthurgau

Im Kanton Thurgau fand im Jahr 2009 in der Bevölkerung eine Auseinandersetzung betreffend dem angestammten Regionsnamen Hinterthurgau statt, welcher in Südthurgau umbenannt werden sollte. Die Mehrheit der Bevölkerung sprach sich für die Beibehaltung des Namens Hinterthurgau aus, da er für die Identität der Bevölkerung eine wichtige Bedeutung hat.


Morschach

Medienberichte:

  • 16.12.2009 Bote der Urschweiz
    • Hitziger Kampf um die Flurnamen
  • 09.01.2010 Bote der Urschweiz
    • Flurnamen-Kampf im TV
  • 12.01.2010 Schweizer Fernsehen SF1 Schweiz aktuell
    • Widerstand gegen Adressänderungen Direkte Link auf Sendung Link auf Hauptseite In der Gemeinde Morschach im Kanton Schwyz stehen zahlreiche einzelne Höfe und abgelegene Häuser. Ende letzten Jahres sollte jedes dieser Häuser mit einer klaren Adresse und einer Hausnummer versehen werden. Damit würden aber auch traditionsreiche Flurnamen verschwinden. Dies sorgt für Unmut bei den Einheimischen. Ein Bericht von Christian Lipp
  • 14.01.2010 Bote der Urschweiz
    • Flurnamen bleiben erhalten


Siehe auch


Weblinks