Normalisierung geografischer Mundartnamen: Unterschied zwischen den Versionen

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Beim [[Namenbuch_und_Flurnamenforschung|Namenbuch]] handelt es sich um ein wissenschaftliches Werk zur Dokumentation lebender und historischer Orts- und Lokalnamen (Flurnamen). Amtlich verbindliche Namen finden sich nicht im Namenbuch, sondern in der amtlichen Vermessung resp. in der Landesvermessung. In Namenbücher finden sich folgende Schreibweisen der Namen:
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== Allgemeines  ==
* '''Name''' Dieser Name dient zum Aufsuchen von Namen im Namenbuch und ist Referenz zu amtlichen Karten und Plänen, sofern solche überhaupt existieren. Es ist dabei sinnvoll, die Schreibweise des amtlichen Namens '''unverändert''' aus der amtlichen Vermessung und der Landesvermessung zu übernehmen. Bei neuen Namen ist es zweckmässig eine Schreibweise zu verwenden, wie sie auch für amtliche Namen verwendet würde (Koordination mit der Nomenklaturkommission).
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* Die [[Geschichte_Schreibweise_Orts-_und_Lokalnamen| Geschichte der Schreibung von Orts- und Lokalnamen (Flurnamen)]] auf amtlichen Karten und Plänen zeigt, dass die Schreibung mundartlicher Namen immer wieder zu Diskussionen und Problemen geführt hat. Der Grund dazu liegt darin, dass Mundart grundsätzlich eine gesprochene und nicht geschriebene Sprache ist. '''Häufig liegen nicht Unterschiede zwischen Mundart und Standardsprache vor, sondern Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache [[Standardsprache_und_Dialekt#Gesprochene_und_geschriebene_Sprache | (vgl. hier).]]''' Der Ortsname «Glattbrugg» ist z.B. ein mundartlicher Name und heisst nicht schriftsprachlich «Glattbrücke». Ausgesprochen wird er als «Glapprugg» und '''normalisiert''' als «Glattbrugg» geschrieben.
* '''Phonetik''' Geografische Namen werden im Namenbuch in phonetischer Schrift mit diakritischen Zeichen notiert.
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* 1948 einigte man sich, Orts- und Lokalnamen mit '''geringer Bedeutung''' '''mundartnah (normalisiert)''' und nicht '''mundartgetreu''' zu schreiben und hat mit den Schreibregeln Weisungen 1948 einen Standard dazu festgelegt. Es handelt sich um einen Kompromiss zwischen Kartenbenutzern, deren Anliegen die einfache Schreib- und Lesbarkeit von Namen stand und der Namenforschung, welche mit möglichst '''mundartgetreuen''' Schreibung, die Bodenständigkeit der Orts- und Flurnamen unterstreichen wollte.
* '''Mundart''' Die Namen werden in Mundartform zusätzlich auch ohne diakritische Zeichen geschrieben.
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* '''Es ging 1948 nicht um die Frage, nach welchem Standart man generell Mundart schreibt, sondern um eine spezielle, für amtliche Karten und Pläne geeignete, normalisierte Schreibweise.''' Bei den Schreibregeln Weisungen 1948 wurde berücksichtigt, dass mundartlich geschriebene Namen möglichst zu allen übrigen, in an die herkömmlichen, an die Schriftsprache ausgerichteten Namen passen.
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* Leider wurde dieser Grundsatz später nicht mehr beachtet und man versuchte mit den Toponymischen Richtlinien und Leitfaden Toponymie eine neue Schreibweise zu definieren, die dem heutigen Standard der Mundartschreibweise entsprechen. Es zeigt sich jedoch, dass sich eine solche Schreibweise von Mundart weniger eignet, als eine normalisierte, speziell auf amtlichen Karten und Plänen ausgerichtete Schreibweise von Lokalnamen.
  
  
Abb. 1
 
  
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== Normalisierung ==
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Bei der Normalisierung geografischer Mundartnamen geht es um eine Generalisierung und betrifft folgende Punkte:
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* Normalisierung der gesprochenen Sprache im Übergang zu einer geschriebenen Sprache
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* Normalisierung zum vertrauten Schriftbild der Standardsprache (z.B. immer «Berg» schreiben und nicht «Bärg», «Wald» und nicht «Waud» usw.)
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* Normalisierung bezüglich allgemeinen Sprechweise verschiedenster Personen einer ganzen Region
  
  
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Der 1948 getroffene Grad der Normalisierung ist ein Kompromiss zwischen Anliegen der Kartenbenutzer wie Eduard Imhof und der Namenforschung (vgl. in untenstehenden Abbildung die drei Schreibversionen für Lokalnamen geringer Bedeutung)
  
'''Amtliche Schreibweise neuer Namen'''
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* '''Lokalnamen grosser Bedeutung''' sowie '''Ortsnamen''' sollen sinnvollerweise gemäss Art. 3 Abs. 2 GeoNV in Anlehnung an die Standardsprache geschrieben werden (vgl. Abb. 3).
 
* Bei '''Lokalnamen geringer Bedeutung''' soll die Schreibweise des Mundartnamens '''normalisiert''' werden, damit sie  gemäss Art. 3 Abs. 1 GeoNV einfach schreib- und lesbar sind. Der Name soll daher nicht einfach direkt als Mundartname übernommen werden, sondern er soll sich nach Möglichkeit an das vertraute Schriftbild der Standardsprache anlehnen (Art. 3 Abs. 2 GeoNV). Zur Normalisierung für eine kartengerechte, einfach schreib- und lesbare Schreibweise dienen die Weisungen 1948 und allenfalls kantoanle Ergänzungen.  Vgl. dazu Abb. 1 und 2.
 
  
  
  
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Beispiele für das Normalisieren gemäss [http://www.ortsnamen.ch/content/view/218/235/ Datenbank der Schweizerischen Namenbücher]]
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* Gelb = Mundartform (mundartgetreu)
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* Grün = normalisiert
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* Rot = ungenügend normalisiert (mundartgetreu anstelle mundartnah)
  
Beispiele für das Normalisieren gemäss [http://www.ortsnamen.ch/content/view/218/235/ Datenbank der Schweierzischen Namenbücher]]
 
* Gelb = Mundartform
 
* Grün = normalisiert
 
* Rot = ungenügend normalisiert
 
  
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Abb. 2
 
  
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== Namenbuch ==
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Beim [[Namenbuch_und_Flurnamenforschung|Namenbuch]] handelt es sich um ein wissenschaftliches Werk zur Dokumentation lebender und historischer Orts- und Lokalnamen (Flurnamen). Amtlich verbindliche Namen finden sich nicht im Namenbuch, sondern in der amtlichen Vermessung resp. in der Landesvermessung. In Namenbücher finden sich folgende Schreibweisen der Namen:
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* '''Name''' Dieser Name dient zum Aufsuchen von Namen im Namenbuch und ist Referenz zu amtlichen Karten und Plänen, sofern solche überhaupt existieren. Es ist dabei sinnvoll, die Schreibweise des amtlichen Namens '''unverändert''' aus der amtlichen Vermessung und der Landesvermessung zu übernehmen. Bei neuen Namen ist es zweckmässig eine Schreibweise zu verwenden, wie sie auch für amtliche Namen verwendet würde (Koordination mit der Nomenklaturkommission).
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* '''Phonetik''' Geografische Namen werden im Namenbuch in phonetischer Schrift mit diakritischen Zeichen notiert.
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* '''Mundart''' Die Namen werden in Mundartform zusätzlich auch ohne diakritische Zeichen geschrieben. Es handelt sich um nicht normalisierte Schreibweisen.
  
  
Geografische Namen werden grundsätzlich in Anlehnung an die Standardsprache geschrieben (Art. 3 Abs. 2 GeoNV). Nur bei Lokalnamen geringer Bedeutung kann es Sinn machen, diese mundartlich zu schreiben. Die Schreibweise soll sich dabei das vertraute Schriftbild der Standardsprache anlehnen.
 
  
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== Schreibweise gemäss Verordnung über geografische Namen ==
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=== Bestehende Namen ===
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Bestehende Namen sollen gemäss Art. 3 GeoNV Abs. 3 nicht geändert werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Namen, deren Schreibweise vor 1948 festgelegt wurden [[Lokalnamen_in_Chur | Vgl. Lokalnamen in Chur]].
  
Abb. 3
 
  
[[Bild:Schreibweisen der geografischen Namen Standardsprache Mundart.jpg|850px]]
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=== Amtliche Schreibweise neuer Namen ===
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* '''Lokalnamen grosser Bedeutung''' sowie '''Ortsnamen''' sollen sinnvollerweise gemäss Art. 3 Abs. 2 GeoNV in Anlehnung an die Standardsprache geschrieben werden.
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* Bei '''Lokalnamen geringer Bedeutung''' soll die Schreibweise des Mundartnamens '''normalisiert''' werden, damit sie gemäss Art. 3 Abs. 1 GeoNV einfach schreib- und lesbar sind.
  
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Der Name soll daher nicht einfach direkt als Mundartname übernommen werden, sondern normalisiert werden (vgl. Kapitel ob). Zur Normalisierung für eine kartengerechte, einfach schreib- und lesbare Schreibweise dienen die Weisungen 1948 und allenfalls kantonale Ergänzungen.  Vgl. dazu Abb. 1 und 2.
  
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[[Bild:Normalisierung geografische Namen.jpg|850px]]
  
  

Version vom 11. Januar 2009, 17:06 Uhr

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Allgemeines

  • Die Geschichte der Schreibung von Orts- und Lokalnamen (Flurnamen) auf amtlichen Karten und Plänen zeigt, dass die Schreibung mundartlicher Namen immer wieder zu Diskussionen und Problemen geführt hat. Der Grund dazu liegt darin, dass Mundart grundsätzlich eine gesprochene und nicht geschriebene Sprache ist. Häufig liegen nicht Unterschiede zwischen Mundart und Standardsprache vor, sondern Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache (vgl. hier). Der Ortsname «Glattbrugg» ist z.B. ein mundartlicher Name und heisst nicht schriftsprachlich «Glattbrücke». Ausgesprochen wird er als «Glapprugg» und normalisiert als «Glattbrugg» geschrieben.
  • 1948 einigte man sich, Orts- und Lokalnamen mit geringer Bedeutung mundartnah (normalisiert) und nicht mundartgetreu zu schreiben und hat mit den Schreibregeln Weisungen 1948 einen Standard dazu festgelegt. Es handelt sich um einen Kompromiss zwischen Kartenbenutzern, deren Anliegen die einfache Schreib- und Lesbarkeit von Namen stand und der Namenforschung, welche mit möglichst mundartgetreuen Schreibung, die Bodenständigkeit der Orts- und Flurnamen unterstreichen wollte.
  • Es ging 1948 nicht um die Frage, nach welchem Standart man generell Mundart schreibt, sondern um eine spezielle, für amtliche Karten und Pläne geeignete, normalisierte Schreibweise. Bei den Schreibregeln Weisungen 1948 wurde berücksichtigt, dass mundartlich geschriebene Namen möglichst zu allen übrigen, in an die herkömmlichen, an die Schriftsprache ausgerichteten Namen passen.
  • Leider wurde dieser Grundsatz später nicht mehr beachtet und man versuchte mit den Toponymischen Richtlinien und Leitfaden Toponymie eine neue Schreibweise zu definieren, die dem heutigen Standard der Mundartschreibweise entsprechen. Es zeigt sich jedoch, dass sich eine solche Schreibweise von Mundart weniger eignet, als eine normalisierte, speziell auf amtlichen Karten und Plänen ausgerichtete Schreibweise von Lokalnamen.


Normalisierung

Bei der Normalisierung geografischer Mundartnamen geht es um eine Generalisierung und betrifft folgende Punkte:

  • Normalisierung der gesprochenen Sprache im Übergang zu einer geschriebenen Sprache
  • Normalisierung zum vertrauten Schriftbild der Standardsprache (z.B. immer «Berg» schreiben und nicht «Bärg», «Wald» und nicht «Waud» usw.)
  • Normalisierung bezüglich allgemeinen Sprechweise verschiedenster Personen einer ganzen Region


Der 1948 getroffene Grad der Normalisierung ist ein Kompromiss zwischen Anliegen der Kartenbenutzer wie Eduard Imhof und der Namenforschung (vgl. in untenstehenden Abbildung die drei Schreibversionen für Lokalnamen geringer Bedeutung)

Schreibweisen der geografischen Namen Standardsprache Mundart.jpg


Beispiele für das Normalisieren gemäss Datenbank der Schweizerischen Namenbücher]

  • Gelb = Mundartform (mundartgetreu)
  • Grün = normalisiert
  • Rot = ungenügend normalisiert (mundartgetreu anstelle mundartnah)


Beispiele Normaliserung im Namenbuch.jpg


Namenbuch

Beim Namenbuch handelt es sich um ein wissenschaftliches Werk zur Dokumentation lebender und historischer Orts- und Lokalnamen (Flurnamen). Amtlich verbindliche Namen finden sich nicht im Namenbuch, sondern in der amtlichen Vermessung resp. in der Landesvermessung. In Namenbücher finden sich folgende Schreibweisen der Namen:

  • Name Dieser Name dient zum Aufsuchen von Namen im Namenbuch und ist Referenz zu amtlichen Karten und Plänen, sofern solche überhaupt existieren. Es ist dabei sinnvoll, die Schreibweise des amtlichen Namens unverändert aus der amtlichen Vermessung und der Landesvermessung zu übernehmen. Bei neuen Namen ist es zweckmässig eine Schreibweise zu verwenden, wie sie auch für amtliche Namen verwendet würde (Koordination mit der Nomenklaturkommission).
  • Phonetik Geografische Namen werden im Namenbuch in phonetischer Schrift mit diakritischen Zeichen notiert.
  • Mundart Die Namen werden in Mundartform zusätzlich auch ohne diakritische Zeichen geschrieben. Es handelt sich um nicht normalisierte Schreibweisen.


Schreibweise gemäss Verordnung über geografische Namen

Bestehende Namen

Bestehende Namen sollen gemäss Art. 3 GeoNV Abs. 3 nicht geändert werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Namen, deren Schreibweise vor 1948 festgelegt wurden Vgl. Lokalnamen in Chur.


Amtliche Schreibweise neuer Namen

  • Lokalnamen grosser Bedeutung sowie Ortsnamen sollen sinnvollerweise gemäss Art. 3 Abs. 2 GeoNV in Anlehnung an die Standardsprache geschrieben werden.
  • Bei Lokalnamen geringer Bedeutung soll die Schreibweise des Mundartnamens normalisiert werden, damit sie gemäss Art. 3 Abs. 1 GeoNV einfach schreib- und lesbar sind.

Der Name soll daher nicht einfach direkt als Mundartname übernommen werden, sondern normalisiert werden (vgl. Kapitel ob). Zur Normalisierung für eine kartengerechte, einfach schreib- und lesbare Schreibweise dienen die Weisungen 1948 und allenfalls kantonale Ergänzungen. Vgl. dazu Abb. 1 und 2.

Normalisierung geografische Namen.jpg


Weblinks