Normalisierung geografischer Mundartnamen

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Allgemeines

  • Die Geschichte der Schreibung von Lokalnamen (Flurnamen) auf amtlichen Karten und Plänen zeigt, dass die Schreibung mundartlicher Namen immer wieder zu Diskussionen und Problemen geführt hat. Der Grund dazu liegt darin, dass Mundart grundsätzlich eine gesprochene und nicht geschriebene Sprache ist. Häufig liegen nicht Unterschiede zwischen Mundart und Standardsprache vor, sondern Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache (vgl. Mundart und Hochdeutsch im Vergleich von Beat Siebenhaar und Walter Voegeli) . Der Ortsname «Glattbrugg» ist z.B. ein mundartlicher Name und heisst nicht schriftsprachlich «Glattbrücke». Ausgesprochen wird er als «Glapprugg» und normalisiert als «Glattbrugg» geschrieben.
  • 1948 einigte man sich, Lokalnamen mit geringer Bedeutung mundartnah (normalisiert) und nicht mundartgetreu zu schreiben und hat mit den Schreibregeln Weisungen 1948 einen Standard dazu festgelegt. Es handelt sich um einen Kompromiss zwischen Kartenbenutzern, welche einfache Schreib- und Lesbarkeit von Namen fordern und der Namenforschung, welche mit möglichst mundartgetreuen Schreibung, die Aspekte Bodenständigkeit der Orts- und Flurnamen unterstreichen will.
  • Es ging 1948 nicht um die Frage, nach welchem Standart man generell Mundart schreibt, sondern um eine spezielle, für amtliche Karten und Pläne geeignete, normalisierte Schreibweise. Bei den Schreibregeln Weisungen 1948 resp.Weisungen 2011 wurde berücksichtigt, dass mundartlich geschriebene Namen möglichst zu allen übrigen, in an die herkömmlichen, an die Schriftsprache ausgerichteten Namen passen (vgl. Abbildung unten Ürental und Üürentaaler Bärg)
  • Leider wurde dieser Grundsatz später nicht immer beachtet und man versuchte 2005-2007 mit den Toponymischen Richtlinien und Leitfaden Toponymie eine neue Schreibweise zu definieren, die dem heutigen Standard der Mundartschreibweise entsprechen. Aus Sicht der Kartenbenutzer auch von Linguisten zeigt sich jedoch, dass sich eine solche Schreibweise von Mundart weniger eignet, als eine normalisierte, speziell auf amtlichen Karten und Plänen ausgerichtete Schreibweise von Lokalnamen.
  • Eine normalisierte Schreibweise ist durch die Grundsätze Art. 3 der Verordnung über geografische Namen (GeoNV) begründet. Diese Verordnung lässt ohnehin nicht zu, neue Schreibstandards einzuführen, da die Schreibweisen bestehender Namen nicht geändert werden sollen.

Üeretaaler Bärg.jpg

Üerental und Üüretaaler Bärg im Kanton Thurgau.

Normalisierung

Bei der Normalisierung geografischer Mundartnamen geht es um eine Generalisierung und betrifft folgende Punkte:

  • Normalisierung der gesprochenen Sprache im Übergang zu einer geschriebenen Sprache
  • Normalisierung zum vertrauten Schriftbild der Standardsprache (z.B. immer «Berg» schreiben und nicht «Bärg», «Wald» und nicht «Waud» usw.)
  • Normalisierung bezüglich lokaler oder personenbezogener Sprechweise zu regionaler Sprechweise.

Der 1948 getroffene Grad der Normalisierung ist ein Kompromiss zwischen Anliegen der Kartenbenutzer wie Eduard Imhof und der Namenforschung (vgl. in untenstehenden Abbildung die drei Schreibversionen für Lokalnamen geringer Bedeutung)

Schreibweisen der geografischen Namen Standardsprache Mundart.jpg


Beispiele für das Normalisieren (Datenbank der Schweizerischen Namenbücher)]

  • Gelb = Mundartform (mundartgetreu)
  • Grün = normalisiert
  • Rot = ungenügend normalisiert (mundartgetreu anstelle mundartnah)


Beispiele Normaliserung im Namenbuch.jpg

Schreibweise gemäss Verordnung über geografische Namen

Bestehende Namen

Bestehende Namen sollen gemäss Art. 3 GeoNV Abs. 3 nicht geändert werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Namen, deren Schreibweise vor 1948 festgelegt wurden Vgl. Lokalnamen in Chur.


Amtliche Schreibweise neuer Namen

  • Lokalnamen grosser Bedeutung sowie Ortsnamen sollen sinnvollerweise gemäss Art. 3 Abs. 2 GeoNV in Anlehnung an die Standardsprache geschrieben werden.
  • Lokalnamen geringer Bedeutung können mundartlich geschrieben werden, die Schreibweise soll jedoch normalisiert werden, damit sie gemäss Art. 3 Abs. 1 GeoNV einfach schreib- und lesbar sind und auf allgemeine Akzeptanz stossen.


Namenbuch

Beim Namenbuch handelt es sich um ein wissenschaftliches Werk zur Dokumentation lebender und historischer Lokalnamen (Flurnamen). Amtlich verbindliche Namen finden sich in der amtlichen Vermessung resp. in der Landesvermessung. In Namenbücher finden sich folgende Schreibweisen der Namen:

  • Name Dieser Name dient zum Aufsuchen von Namen im Namenbuch und ist Referenz zu amtlichen Karten und Plänen, sofern solche überhaupt existieren. Es ist dabei naheliegend, die normalisierte Schreibweise des amtlichen Namens unverändert aus der amtlichen Vermessung und der Landesvermessung zu übernehmen. Bei neuen Namen ist es zweckmässig eine Schreibweise zu verwenden, wie sie auch für normaliserte, amtliche Namen verwendet würde (Koordination mit der Nomenklaturkommission). Da das Namenbuch ein wissenschaftliches und nicht amtliches Werk ist, kann dieser Name vom amtlichen Namen abweichen.
  • Phonetik Geografische Namen werden im Namenbuch in phonetischer Schrift mit diakritischen Zeichen notiert.
  • Mundart Die Namen werden in Mundartform zusätzlich auch ohne diakritische Zeichen geschrieben. Es handelt sich nicht zwingend um eine normalisierte Schreibweise.


Zusammenspiel amtliche Namen in amtlicher Vermessung und Landesvermessung bei Kantonen mit einem Namenbuch im Rahmen der Verordnung über geografische Namen (GeoNV).

Normalisierung geografische Namen.jpg


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