Orts- und Ortschaftsnamen

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Begriffe

Orts- und Ortschaftsnamen sind eng verwandt und vielfach identisch geschrieben. Trotzdem sind Orte und postalische Ortschaften jedoch recht unterschiedliche Objekte und dürfen nicht miteinander vermischt werden. Es herrscht allgemein eine grosse Unsicherheit bei der Definition der Begriffe.

Es werden hier folgende Begriffe verwendet:

. Bezeichnung Definition Inhalt PLZ Anzahl Bemerkungen
0 (postalische) Ortschaft SNV Entwurf GeoNV Gebietsaufteilung mit einem oder mehreren Orten wie Stadt, Dorf, teilweise grössere Weiler) Ja ca. 4000 Amtliche Vermessung Gebäudeadressierung (PLZOrtschaften)

vgl. PLZ-Verzeichnis

(Datei PLZ light PLZ-Typ 10,20)

1a (populäre) Ortschaft keine exakte Definition vorhanden Orte wie Stadt und Dorf, teilweise grössere Weiler Nein ca. 6000 Ortschaftenverzeichnis BFS(enthält auch Quartiere)
1b Ort keine Definition vorhanden weder in der GeoNV als auch in der amtlichen Vermessung Vorschlag: Stadt, Dorf, Quartier, Weiler Nein >15'000 Amtliche Vermessung (Nomenklatur, Ortsnamen)
1c bewohnte Orte, Siedlung bisher: Verordnung über Orts-, Gemeinde- und Stationsnamen Stadt, Dorf, Quartier, Weiler, Gebäudegruppen, Einzelhöfe Nein >80'000 Siedlung als Ortschaft, Weiler, Hof
2a Ortsnamen(Lokalnamen) bisher: Verordnung über Orts-, Gemeinde- und Stationsnamen bewohnte Orte, übrige Orte Nein >350'000 Inhalt entspricht den topografischen Elementen im Entwurf der GeoNV
2b Geografische Namen der amtlichen Vermessung und der Landesvermessung neu: Entwurf Verordnung über die Geografische Namen (GeoNV) topografische Objekte Nein >350'000 vgl. Verbesserungsvorschlag unten


Verbesserungsvorschlag GeoNV

Vorschlag Orts- und Lokalnamen in der amtlichen Vermessung

Namengruppe Elemente Nomenklatur Ortsnamen Nomenklatur Flur- und Geländenamen Bodenbedeckung, Einzelobjekte
Ortsnamen
Orte Stadt, Dorf, Quartier, Weiler X . .
Lokalnamen
Höfe Einzelhöfe . (X) X
Landschaften Fluren, Wälder, Gebiete, Täler, Alpen . X .
Gewässer Flüsse, Weiher, Seen . X .
. Bäche, Wasserfälle, Quellen . . X
Gletscher . . X .
Gelände Berge, Hügel . X .
Kulturelle Objekte Burgen, Schlösser, Klöster, Kirchen, Kapellen, usw. . . X
Öffentliche Bauten Schulhäuser, Spitäler, Sägereien, Mühlen, usw. . . X
Besondere Objekte von Verkehrsverbindungen Brücken, Pässe, Tunnels, Flugplätze usw. . . X

Vergleich Orte- und Ortschaften

Kriterium Ort (postalische) Ortschaft
Amtliche Vermessung Nomenklatur (Ortsnamen) Gebäudeadressierung (PLZOrtschaften)
Postleitzahl Nein Ja
Verwendungszweck Orientierung innerhalb eines Ortes: anhand von Strassennamen

Orientierung ausserhalb von Orten: kartierte Ortsnamen und Ortstafeln im Gelände

unverzichtbare Bestandteile der Gebäudeadressen, dienen der Postzustellung, Logistikanbieter und Navigation
Anzahl Orte 1 ein oder mehrere Orte, meist ein bedeutender Ort (namengebende Ortschaft) und umliegende Weiler und Gebäudegruppen
Topologie Siedlungsumrandung, Einzelflächen Gebietseinteilung, umfasst auch Gebiete, wo sich keine Gebäude befinden
Hierarchiebildungen möglich nein
Kartierung auf Karten und Plänen Ja Nein
Signalisation Orte sind vielfach mit Ortstafeln gekennzeichnet (unmittelbar vor der Ortseinfahrt und nach Ortsausfahrt, Signalisation gemäss Strassenverkehrsgesetz des Inner- und Ausserortsbereiches) Nein
Namen einfache Namen (schweizweit nicht eindeutig) z.T. mit Zusatz damit schweizweit eindeutig (analog Gemeindenamen)
Verwendung für Stationsnamen Nein Ja


Vergleich Orts- und Ortschaftsnamen

Ort . PLZ postalische Ortschaft
Aadorf . 8355 Aadorf
Aathal und Seegräben . 8607 Aathal-Seegräben
Aesch . 8412 Aesch b. Neftenbach
Aesch . 4147 Aesch BL
Aesch . 6287 Aesch LU
Aesch . 8904 Aesch ZH
Egg . 9231 Egg (Flawil)
Egg . 8132 Egg b. Zürich
Egg . 8847 Egg SZ
Montet . 1483 Montet (Broye)
Montet . 1674 Montet (Glâne)
Mühledorf . 3116 Mühledorf BE
Mühledorf . 4583 Mühledorf SO
St-Sulpice . 2123 St-Sulpice NE
St-Sulpice . 1025 St-Sulpice VD
Sutz . 2572 Sutz

Ortsnamen werden gemäss Weisungen 1948 geschrieben. Ortschaftsnamen werden daraus abgeleitet.

Um Schweizweit eindeutige Namen zu kreieren, werden zu den klassischen Ortsnamen so genannte Zusätze gebildet.

  • NE , SO, BE Kantonskürzel werden verwendet (analog Gemeinde Namen, bei Gemeindenamen werden jedoch die Kantonskürzel in Klammern gesetzt, im Gegensatz zu den postalischen Ortschaften. Da die postalischen Ortschaften für die Bildung von Haltestellennamen verwendet werden, stehen Kantonskürzel bei Haltestellennamen ebenfalls ohne Kantonskürzel)
  • b. Neftenbach Diese b. wirken heute z.T. etwas störend und werden sofern möglich z.T. durch Kantonskürzel ersetzt
  • (Flawil) Gemeindenamen werden in Klammern gesetzt (zum Teil werden bei unbedeutenden postalischen Ortschaften die Gemeindenamen ebenfalls angefügt auch wenn sie zu schweizweiten Eindeutigkeit nicht notwendig wären).


Hintergrund

Orte gemäss Ortsbuch der Schweiz 1928

Ursprünglich existierten Ortsnamen im Sinne von bewohnten Orten (Städte, Dörfer, Quartiere, Weiler, Häusergruppen und Einzelhöfe). Das Ortsbuch der Schweiz aus dem Jahre 1928 beinhaltet ca. 85'000 Ortsnamen, als Zieladressen für die Zustellung von Post und Telgramme. Schon damals existierten für die Post und Telegrafie logistische Verteilzentren (Städte, Dörfer), welche 1964 mit den Postleitzahlen versehen wurden.


Postalische Ortschaften gemäss SN Norm 612040 Gebäudeadressen

In einer Arbeitsgruppe der Schweizerischen Normenvereinigung SNV musste für die Gebäudeadresse ein Hauptidentifikator gesucht werden. Da die bisherigen Namen der Postleitzahlen und deren Geltungsbereich aus logistischen Überlegungen entstand, wurde eine Lösung angestrebt, wo weniger postlogistische Überlegungen im Vordergrund standen, sondern geografische Aspekte im Sinne der Identität der Bevölkerung: «ich wohne in xxxx.» Als Hauptidentifikation der Gebäudeadresse wurde der Begriff Ortschaft wie folgt definiert:

«Ortschaften sind geografische Gebiete, deren Bezeichnung landesweit von Bedeutung ist und als Folge z.B. auf einer Karte 1:200'000 aufgeführt ist. Die Besiedlungsdichte kann dabei sehr unterschiedlich sein (Städte und Streubausiedlungen als Extreme). In sehr dünn besiedelten Gebieten gilt eine Gebäudegruppe vielleicht als Ortschaft, während eine gleich grosse Gruppierung von Gebäuden in dichter überbautem Gebiet nicht als Ortschaft, sondern als Weiler (vgl. benanntes Gebiet) empfunden wird. Gehört eine Gebäudegruppe zu einer gleichnamigen politischen Gemeinde, spricht man fast sicher von einer Ortschaft. Auch die Erschliessung mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Name der Bahnhöfe bzw. Stationen bzw. Haltestellen) und mit Hauptstrassen kann dazu führen, dass auch eine kleine Gebäudegruppe als Ortschaft gilt. Die Flächen von realen Ortschaften, d.h. von Ortschaften, die zum gegebenen Zeitpunkt existieren, dürfen einander nicht überlappen. Die Fläche umfasst nicht nur das eng abgegrenzte Siedlungsgebiet sondern auch das Umland mit Einzelhöfen, Weilern, Ausflugsorten. Damit Ortschaften zum populären grossräumigen Koordinatensystem werden können, soll die Abgrenzung nach dem ortsüblichen Sprachgebrauch und nicht nach den politischen oder postalischen Grenzen gewählt werden, obwohl auch diese Gesichtspunkte die Abgrenzung beeinflussen können.»

Vorteile der SN Norm Gebäudeadressierung bezüglich Ortschaften

  • Regelung der Organisation (Zusammenarbeit Kanton, Post, Gemeinde)
  • Es existierten Datenmodell und Definitionen
  • Ortschaften sind unabhängig von Poststellen. Es können Ortschaften existieren ohne Poststelle. Bei Schliessung Poststelle bleibt Ortschaft erhalten.

Probleme der SN Norm Gebäudeadressierung bezüglich Ortschaften

  • Begriff Ortschaft ist bei der Bevölkerung und Behörden verwirrend, da der gleiche Begriff populär gebraucht als Ort wie Stadt und Dorf wird und eine andere Bedeutung hat. Ausweg, postalische Ortschaft (in der amtlichen Vermessung als PLZOrtschaft verwaltet)
  • Auch wenn man auf der grünen Wiese hätte beginnen können, ohne an die Anlehnung die bisherige Logistik der Post, könnte vielleicht die eine oder Unschönheit behoben werden. Im grossen Ganzen dürfte sich wahrscheinlich nicht viel ändern gegenüber dem heutigen Zustand
  • Problematik postalische Ortschaft und Weiler (vgl. unten)


Problematik Weiler und postalische Ortschaften

Problemstellung

Städte und Dörfer bilden bereits heute meist postalische Ortschaften. Probleme ergeben sich in der Praxis bei Weilern. Die Definition der postalischen Ortschaft gemäss SNV spricht von schweizweiter Bedeutung und fordert anderseits die Berücksichtigung des örtlichen Sprachgebrauchs. Dabei muss berücksichtigt werden, ob mit einer ortsvertrauten Person gesprochen wird oder nicht.

    1. bei ortsfremden Person wird eher die nahe gelegene Ortschaft angeben
    2. bei der ortsvertrauten Person wird eher der Weilernamen angegeben
  • Je nachdem ob Fall 1 oder 2 berücksichtigt wird, sollte ein Weiler zur nächstgelegenen Ortschaft gehören (Verbleib in der bestehenden postalischen Ortschaft, allenfalls Wechsel zu einer anderen Ortschaft ) oder es muss geprüft werden, aus dem Weiler eine eigene postalische Ortschaft zu bilden (vgl. Bedingungen unten).
  • Es besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass verschiedene Weiler zusammen eine neue Ortschaft bilden. Es stellt sich dann aber die Frage, welchen Namen die neue postalische Ortschaft trägt, wenn alle Weiler etwa gleichbedeutend sind.


Benannte Gebiete

  • Bennante Gebiete sollen gemäss Empfehlung Gebäudeadressierung und Schreibweise von Strassennamen sollen behutsam eingeführt werden. Trotzdem kann das Problem der Identität der Bevölkerung gelöst werden, wenn das benannte Gebiet den Namen des zugehörigen Weilers trägt.
  • Das Problem der Identität der Bevölkerung zum Weilername besteht, wenn der Weiler zu gross für ein benanntes Gebiet ist, resp. eine Strassenweise Adressierung bereits eingeführt ist oder sich für die Gebäudeadressierung aufdrängt.
  • Bis vor kurzen Zeit konnte das Problem der Identität der Bevölkerung eines Weilers mit Strassenweisen Adressierung mit der optionalen Zusatzadresszeile gelöst werden. Diese wurde jedoch von der Post aus verschiedenen Problemen abgeschafft und wurde im Datenmodell SNV auch nicht mehr modelliert (ursprünglich Ortsteile)
  • Bei Weilern mit Strassenweisen Adressierung besteht das Problem, dass der Weiler als postalische Ortschaft keine schweizweite Bedeutung hat und zu klein ist. Es muss dabei in Kauf genommen werden, dass aus der Adresse heraus nicht erkennbar ist, ob ein Gebäude innerhalb oder ausserhalb des Kerngebietes der postalischen Ortschaft liegt. Da für ortsfremde Personen heute die Adresse im Internet eingeben werden und ein Planausschnitt ausgedruckt werden kann, wo der Weiler erkennbar ist, kann grundsätzlich darauf verzichtet werden, aus zu kleinen Weilern postalische Ortschaften zu bilden.
  • Innerhalb einer Gemeinde kann nicht einseitig aus einem einzelnen Weiler eine postalische Ortschaft gebildet werden, sondern es müssten aus Gründen einer Gleichberechtigung aus allen gleichbedeutenden Weilern postalische Ortschaften gebildet werden, was zu einer zu einer unübersichtlichen Zahl von neuen postalischen Ortschaften führt.


Bildung von postalischen Ortschaften

Organisation und Rahmenbedingungen

  • Die Kantone koordinieren Ortschaftsänderungen zusammen mit den Gemeinden, Post, Verkehrs-betrieben, Notfalldienste und Bundesstellen. Die Abläufe werden in der Verordnung über geografische Namen (GeoNV) festgelegt.
  • Bei Änderungen von postalischen Ortschaften bleiben im Allgemeinen die Orte und damit auch die Beschilderung der Orte bestehen.
  • Poststellen tragen in der Regel den Namen der zugehörigen postalischen Ortschaft. Ausnahmsweise tragen Poststellen andere Namen, wenn sie nicht im entsprechenden Ort oder wenn mehrere Poststellen im entsprechenden Ort liegen. Es existieren auch postalische Ortschaften ohne Poststellen. Bei der Schliessung einer Poststelle bleibt die postalische Ortschaft bestehen.
  • Die Bildung von postalischen Ortschaften ist Ermessenssache. Es gibt meist mehre Lösungsvarianten, deren Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden müssen.
  • Es bestehen heute zwei gegensätzliche Tendenzen je nach Gemeinde zu weniger Ortschaften wie auch zu mehr Ortschaften.
  • Die Änderung eines Ortschaftsnamens und / oder der Postleitzahl verursachen bei der Bevölkerung Kosten, insbesondere beim Gewerbe (Firmenadressen, Logos, Internetauftritt, Firmenauto usw.).
  • Die Gemeinde muss sich eine Revision von Ortschaften (Name, Postleitzahl, Gebietsabgrenzung) bezüglich Kosten und Nutzen gut überlegen.
  • Die Mehrheit der Bevölkerung soll hinter einer Änderung von Ortschaften (Name, Gebiet) stehen. Die Gemeinde analysiert, wie sie am besten vorgeht (z.B. Orientierung und Diskussion an Gemeindeversammlung, Umfragen)
  • Änderungen von Ortschaftsnamen können bei der Bevölkerung grosse Emotionen auslösen (Identität).

Bedingungen für die Bildung von postalischen Ortschaften

  • Postalische Ortschaften müssen eine schweizweite Bedeutung haben und mindestens einen auf der Landeskarte 1:200'000 bezeichneten Punkt umfassen (Kriterium der Landeskarte 1:200'000 allein genügt nicht)
  • Innerhalb einer postalischen Ortschaft müssen alle Gebäudeadressen einheitlich sein.
  • Bedürfnisse des Rettungsdienstes nach einfacher Auffindung von Gebäudeadressen müssen erfüllt sein.
  • klare, eindeutige Abgrenzung, eindeutige Flächen (nicht mehrere Teile).
  • die Post muss eine Postleitzahl zuteilen können.
  • Bei einer Ortschaft soll ein Ort als Hauptzentrum existieren, welcher eine übergeordnete Bedeutung für weitere Orte hat.
  • Bei der Bildung einer Ortschaft ist auf eine gegenseitige Ausgewogenheit aller Ortschaften einer Gemeinde zu achten.
  • Eine Ortschaft mit dem Namen der Gemeinde hat ein besonderes Gewicht.
  • Für die Bildung von Ortschaften soll auch die Bildung von Stationsnamen mitberücksichtig werden.
  • Bei der Bildung von Ortschaften spielt auch die Art der Adressierung (Strassenweise Adressierung, benannte Gebiete) eine wichtige Rolle.
  • Bei der Bildung von Ortschaften sollte die historische Bedeutung wie auch die zukünftige Entwicklung (soweit heute bekannt) mitberücksichtigt werden.