Schreibweise von Lokalnamen

Aus Geoinformation HSR
Wechseln zu: Navigation, Suche

Zurück zu den Weblinks Orts- und Lokalnamen


Entlisberg oder Äntlisberg

Entlisberg oder Äntlisberg ?


Definition und Zweck von Orts- und Lokalnamen

  • Definition von Orts- und Lokalnamen
  • Zweck von Orts- und Lokalnamen. Grundsatz 1 Weisungen 1948: Mit der Schreibweise der Lokalnamen ist die eindeutige und übereinstimmende Bezeichnung der Örtlichkeiten bei jedem schriftlichen Gebrauch anzustreben; die Namen sollen leicht zu schreiben und zu lesen sein und von den Einheimischen ohne weiteres verstanden werden. Damit wird die irrtumsfreie Orientierung und Verständigung über Orte am ehesten gewährleistet.

Standardsprache und Dialekt

vgl. Standardsprache_und_Dialekt


Schreibregeln

Entwurf Schreibregeln 1947

Mundart ist generell schwierig zu schreiben. Es existieren keine offiziellen Schreibregeln. Besonders schwierig ist es, mundartliche Orts- und Lokalnamen zu schreiben, will man oben genannte Probleme berücksichtigen. 1947 hatte der Bund versucht, den extrem mundartlichen Ansatz zur Schreibung vor Orts- und Lokalnamen zu verfolgen, ist aber damit gescheitert. Der Bund strebt berechtigterweise eine Harmonisierung und Normierung der Schreibweise von Orts- und Lokalnamen an. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Bund schon 1947, wie dann auch mit den Entwürfen 2005 und 2006 der Überzeugung sein kann, mit einer extrem mundartlichen Schreibung von Orts- und Lokalnamen könne eine Harmonisierung und Normierung erreicht werden. Extrem mundartliche Schreibung berücksichtigt die zahlreichen, lautlichen Besonderheiten unserer Mundarten, welche von Ort zu Ort und sogar innerhalb eines Ortes verschieden sein können. Details


Schreibregeln Weisungen 1948

Die Weisungen 1948 bilden notgedrungen einen Kompromiss zwischen schriftsprachlicher, traditioneller und mundartlicher Schreibung und kommen in manchen Einzelheiten mehr den praktischen Bedürfnissen und dem sprachlichen Taktgefühl entgegen als wissenschaftlicher Folgerichtigkeit und strengen Prinzipien.

Es wurden zu einem grossen Teil die Empfehlungen von Eduard Imhof berücksichtigt, folgende mundartliche Mundartversionen wurden beispielsweise im Sinne eines Kompromisses trotzdem verwendet:

  • Weier (anstelle Vorschlag Eduard Imhof Weiher)
  • Wis (anstelle Empfehlung Eduard Imhof Wies)
  • Pfannenstil (Pfannenstiel, wie es Imhof empfohlen hat, wenn es sich nich nur im Lokalnamen von geringer und lokalen Bedeutung handelt)

Ein typischer Mundartname gemäss Weisungen 1948 ist «Müli» anstelle «Mühle». Die Weisungen 1948 haben sich in der Praxis sehr bewährt ausser dort, wo man von diesen Regeln abgewichen ist.

weitere Details über Weisungen 1948


Entwurf Toponymische Richtlinien 2005

Anscheinend hat das Bundesamt für Landestopografie die vielen historischen Akten von 1945-1948 kaum miteinbezogen, als die Toponymischen Richtlinien 2005 entworfen wurden. Der Entwurf wurde ähnlich wie 1947 verworfen, da er zu extrem mundartlich war.


Entwurf Leitfaden Toponymie 2006

Mit dem Leitfaden Toponymie 2006 hat der Bund nach 1947 und 2005 ein drittes Mal extrem mundartlichen Schreibregeln entworfen. Es heisst darin: Es wird empfohlen, Namen, deren zugrunde liegendes Wort in der Hoch- oder Standardsprache vorkommt (allgemein bekannte Namenwörter), wie alle übrigen Toponyme zu behandeln und nach der ortsüblichen Sprechform zu notieren. Also z.B. Bärg, Fäld, Stäg, Wäg, Zälg, Räge, Rein, Mei, Boum etc. (wo so gesprochen wird) und nicht – oder nur dort, wo dies die ortsübliche Sprechform ist – Berg, Feld, Steg, Weg, Zelg, Baum etc. – Demnach (z.B. im Kt. BE): Breitfäld, Höje Stäg, Räbbärg/-wärch, Chärderbärg, Chirschboummatte, Meigüetli. Der Leitfaden bezieht sich zwar einzig auf die Flur-, Gelände und Gewässernamen. Damit kann jedoch das Problem der extrem mundartlichen Schreibweise nicht gelöst werden, da Weiler-, Hof- und Flurnamen sehr eng zusammen hängen und nicht isoliert betrachtet werden können. Darum werden auch Weiler- und Hofnamen von der extrem mundartlichen Schreibweise tangiert. Möchte man darauf verzichten, so ist generell auf eine extrem mundartliche Schreibweise zu verzichten.

Leider hat die swisstopo die Bedenken der Benutzer nicht genügend ernst genommen und ist nicht zu den bewährten Weisungen 1948 zurückgekehrt. Anscheinend hat die Dialektomanie ein paar weniger Nomenklaturkommissionen bei der swisstopo grösseren Einfluss als die Anliegen der Benutzer.

Der Leitfaden wird von den Fachorganisationen abgelehnt, da er wesentlich mehr Mundart als Weisungen 1948 zulässt. vgl. geowebforum


Bei Orts- und Lokalnamen existieren wie bei allen anderen Namen grundsätzlich zwei Sprachformen (Sprachrealitäten):

  • schriftliche Sprache
  • gesprochene Sprache

Mit Leitfaden Toponymie 2006 wurde versucht, eine grosse Übereinstimmung der schriftlichen Sprache mit der gesprochenen Sprache zu erzielen. Dies ist jedoch eine grosse Illusion: Solange es nicht genügend Vokale gibt, um die Aussprache der jeweiligen Orts- und Flurnamen überhaupt einigermassen korrekt darzustellen, hat es trotz aktueller Dialektomanie schlicht keinen Sinn, die «angeblich korrekte örtliche Form» im Dialekt schriftlich fixieren zu wollen. Ganz abgesehen von der Entscheidung, welche der überlieferten, veralteten, differierenden oder aktuellen Formen die offizielle sein soll. Lassens wir also wies ist. Quelle blogwiese

Zu einem ähnlichen Schluss ist bereits 1947 auch der Schaffhauser Regierungsrat Hermann Wanner gelangt vgl. Stellungnahme Hermann Wanner


Vergleich Weisungen 1948 und Leitfaden Toponymie 2006

Kriterium Weisungen 1948 Leitfaden Toponymie 2006
Allgemein bekannte Namenwörter(Kompromiss) In der schriftsprachlichen Form sind in der Regel zu belassen: allgemein vertraute, häufig vorkommende Namenwörter, die in gleicher Form auch schweizerdeutsch sind, z.B. Berg, Feld, Weg, Grat (nicht Bärg, Fäld, Wäg, Grot) Es wird empfohlen, Namen, deren zugrunde liegendes Wort in der Hoch- oder Standardsprache vorkommt (allgemein bekannte Namenwörter), wie alle übrigen Toponyme zu behandeln und nach der ortsüblichen Sprechform zu notieren. Also z.B. Bärg, Fäld, Stäg, Wäg, Zälg, Räge, Rein, Mei, Boum etc. (wo so gesprochen wird) und nicht – oder nur dort, wo dies die ortsübliche Sprechform ist – Berg, Feld, Steg, Weg, Zelg, Baum etc. – Demnach (z.B. im Kt. BE): Breitfäld, Höje Stäg, Räbbärg/-wärch, Chärderbärg, Chirschboummatte, Meigüetli.
Stummes -n Soll in der Regel geschrieben werden Es wird grundsätzlich empfohlen, das stumme -n wegzulassen
Ortsüblich wird im Gegensatz zur Etymologie verstanden und nicht speziell lautnah Wird als lautnah verstanden und erst noch als bodenständig, dass d.h. historische Sprechform (z.B. «Roopel» anstelle von «Rotbühl», obwohl man seit über 40 Jahren nicht mehr so spricht)
Vermeidung von Zwitterbildung durch gemässigte Mundart durch lautnahe Mundart



Nomenklaturkommissionen

Heutige Regelung

Verordnung über Orts-, Gemeinde und Stationsnamen Art. 3 Obliegenheiten der Kantone: Nach Massgabe der vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement aufzustellenden Grundsätze erlassen die Kantone nähere Vorschriften über die Erhebung und Schreibweise der Ortsnamen. Insbesondere haben sie eine kantonale Kommission (Nomenklaturkommission) aus drei bis fünf Mitgliedern zu bestellen, welche die vom ausführenden Ingenieur-Geometer erhobenen Namen auf ihre Richtigkeit prüft und deren Schreibweise festsetzt.

Da die Schreibung von mundartlichen Namen trotz Schreibregeln Spielraum offen lässt, ist eine fachgerechte Beurteilung der Schreibweise von Orts- und Lokalnamen grundsätzlich wichtig, jedoch verheerend, wenn Dialektomanie im Spiel ist. vgl. Kommentar eines Geologen im geowebforum


Dialektomanie

Anstelle sich auf den Zweck von Orts- und Lokalnamen und der Bedürfnisse der Benutzer auszurichten, sind gewisse Nomenklaturkommissionen von einer Dialektomanie befangen, möglichst viele Flurnamen möglichst extrem mundartlich zu schreiben, sehr zum Ärgernis der Benutzer. An der Front werden Tausende von Orts- und Lokalnamen im krassen Widerspruch zu den Weisungen 1948 in extrem mundartliche Formen verändert. Die Benutzer haben das Nachsehen, da diese neuen Formen nicht den Anforderungen an geografische Namen entsprechen und Änderungen viel Aufwand verursachen. Wegen mangelnder Akzeptanz werden die neuen Schreibweisen z.T. bewusst nicht nachgeführt und es entsteht mit der Zeit ein gewaltiges Chaos. Leider ist der Leitfaden Toponymie 2006 stark von dieser Dialektomanie gefärbt.

Eigentlich ist die Umarbeitung der Orts- und Flurnamen in der Schweiz grösstenteils abgeschlossen. Das ganze sieht daher nach Arbeitsbeschaffung für Nomenklaturkommissionen aus. Mit neuen Schreibregeln gibt es immer wieder neue Arbeit. Leider sind schon grosse Teile des Kantons Thurgaus und auch Teile des Kantons Schaffhausens auf extrem mundartliche Schreibung der Orts- und Lokalnamen umgestellt worden. Man beruft sich in diesen Kantonen auf die präzisierenden, kantonalen Regelungen zu den Weisungen 1948. Diese Präzisierungen sind jedoch zum Teil keine Präzisierungen mehr, sondern das pure Gegenteil der Weisungen 1948. Die Einführung des Leitfadens Toponymie dürfte daher für die nachträgliche Rechtfertigung der bereits umgestellten Namen sehr willkommen sein.

Gewisse Nomenklaturkommissionen sind zum Teil der Meinung, dass die mundartnahe («bodenständige») Schreibung der einheimischen Bevölkerung aus den Weisungen 1948 abzuleiten seien vgl. «Umdeutung Anlehnung an ortsübliche Sprechform»


Interessenkonflikte und Lösungsvorschläge

Interessenkonflikte

Bei der Frage, auf welche Art Lokalnamen geschrieben werden sollen, spielt es eine wesentliche Rolle, welchem Zweck Lokalnamen dienen. Es existieren erhebliche Interessenkonflikte

Die Schweizerische Organisation für Geoinformation (SOGI) schätzt die Kosten für den nachträglichen Folgeaufwand bei Änderungen von Lokalnamen auf mindestens 100 Mio. Fr. vgl. Stellungnahme der SOGI zum Entwurf Leitfaden Toponymie 2006

Ausgehend von Statements einiger Tagungsteilnehmer der Herbsttagung 2006 in Schaffhausen wird folgendes Postulat aufgestellt: Im Interessenkonflikt bei der Schreibweise von Orts- und Lokalnamen gilt es zwei unterschiedliche Gefässe zu nutzen:

  • Pragmatische Schreibweise belassen (Karten und Pläne, Regeln: Weisungen 1948)
  • Mundartnahe Schreibweise (Namenbuch, thematische Geodatenebenen, allenfalls Tonwiedergabe, Regeln z.B. Leitfaden Toponymie 2006)

vgl. auch Beitrag über das Online-Lexikon im Tirol


weitere Details vgl. Weisungen 1948 löst Interessenkonflikte


Anforderungen der Benutzer

Die Benutzer von Orts- und Lokalnamen fordern die Beibehaltung der Weisungen 1948 aus folgenden Gründen:

  1. Neue Schreibregeln bedingen die Änderung der Schreibweise von Orts- und Lokalnamen. Wegen des Anpassungsaufwandes sollen Orts- und Lokalnamen nicht verändert werden vgl. Änderungen der Schreibweise von Orts- und Lokalnamen
  2. Orts- und Lokalnamen sind Referenznamen. Im Zusammenspiel mit Strassen- und Stationsnamen wie auch mit Namen von Fachdaten, eignen sich die Weisungen 1948 wesentlich besser als die Schreibweise gemäss Leitfaden Toponymie 2006 vgl. Zusammenspiel von Orts- und Lokalnamen mit Strassen- und Stationsamen sowie Namen von Fachdaten
  3. Orts- und Lokalnamen sollen einfach schreib- und lesbar sein. Diese Forderung wird durch den Leitfaden Toponymie 2006 nicht erfüllt.
  4. Orts- und Lokalnamen sollen allgemein auf Akzeptanz stossen. Bei Mundartnahen Schreibweisen ist dies äusserst fraglich und es muss in Kauf genommen werden, dass parallel verschiedenen Schreibversionen existieren. Ziel wäre, eine einzige offizielle Schreiform.


Bilanz Schreibweise Orts- und Lokalnamen

Veränderungen der Schreibweise von Orts- und Lokalnamen

Vor allem in den Kantonen Thurgau und Schaffhausen wurden und werden im grossen Stil Orts- und Lokalnamen geändert vgl. Änderungen der Schreibweise von Orts- und Lokalnamen

Ursachen bisheriger Änderungen:

  • Änderung des Zweckes der Orts- und Lokalnamen:
  • Nichtbefolgung der Weisungen 1948


Mangelnde vertikale Harmonie

Entlisberg oder Äntlisberg


Regelung in der bisherigen Verordnung über Orts-, Gemeinde- und Lokalnamen:

Art. 5 Aufgaben des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport: «Ist das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport im Hinblick auf die gebotene Einheitlichkeit in den Landeskarten nicht mit der von einem Kanton vorgeschlagenen Schreibweise einverstanden, so versucht es, sich mit ihm zu verständigen. Kommt keine Einigung zustande, so bestimmt es die Schreibweise in den Landeskarten.»


Wenn das Bundesamt für Landestopografie z.B. findet, «Äntlisberg» sei die bessere Schreibweise als die bisherige Schreibung «Entlisberg», so wird auf die vertikale Harmonie mit bestehen Namen in der amtlichen Vermessung, Übersichtsplan, Gebäudeadressen Namen von Schulhäusern, Altersheimen, usw. verzichtet und Entlisberg in Äntlisberg geändert. Daraus resultiert folgende Bilanz im Google:

  • Entlisberg 15'800 Funde
  • Äntlisberg 200 Funde

Historische Bedeutung

Selbst wenn nach Schreibregeln gemäss Weisungen 1948 «Äntlisberg», die richtige Schreibweise wäre, ist eine pragmatische Gesamtsicht und die Berücksichtigung der bisherigen Schrifttradition enorm wichtig. Es geht nicht nur um die «richtigen» Schreibregeln, sondern in erster Linie darum, dass Namen als nachhaltige und einheitliche räumliche Referenz allen offiziellen Plan- und Kartenwerken dienen sollen. Diesem Prinzip muss grundsätzlich mehr Beachtung geschenkt werden, als der horizontalen Harmonie.


Entsprechend Entwurf der Verordnung über geografische Namen (GeoNV) muss neu in der Landeskarte die Schreibweise der Amtlichen Vermessung unverändert übernommen werden.


Es ist interessant festzustellen, dass sich obiger Art. 5 historisch dadurch begründen lässt, dass früher in der amtlichen Vermessung lokale Namen z.T. zu mundartlich und nicht nach Weisungen 1948 geschrieben wurden. Die Landestopografie, welche früher auf eine gemässigte Schreibweis geachtet hatte (vgl. Haltung Rudolf Knöpfli, ehemaliger stv. Direktor der Landestopografie) war berechtigt, als Notbremse allzu mundartliche Namen aus der amtlichen Vermessung nicht zu übernehmen und die Schreibweise in der Landeskarte in der gemässigten Form zu belassen. Paradoxerweise hat sich das Verhältnis zwischen Landeskarte und amtlicher Vermessung in letzter Zeit gerade um 180 Grad gedreht. Die amtliche Vermessung ist nahe bei den Gemeinden und richtet sich im Allgemeinen nach den berechtigten Anliegen der Gemeinde aus. Daher ist in der amtlichen Vermessung eine grosse Tendenz zur Beibehaltung der pragmatischen Schreibweise deutlich spürbar.

Eigentlich sollten sowohl Landeskarte und amtliche Vermessung die Auffassung vertreten, dass die gemässigte Schreibweise von 1948 sehr zweckdienlich ist:

  • Landeskarte
    • Generelles Anliegen für eine Generalisierung; vor allem Namen mit grosser Bedeutung finden sich auf der Landeskarte, Namen mit geringer Bedeutung werden eher nicht berücksichtigt
    • Tendenz für Anlehnung an Hochdeutsch sollte grösser sein als für Anlehnung an Mundart
    • Anliegen einer schweizweiten Harmonie für Orts- und Lokalnamen; es sollte daher eher ein normalisiertes Schriftbild (durch Anlehnung an das Schriftbild der Standardsprache) angestrebt werden als ausgeprägte Mundart mit grossen regionalen Unterschieden
  • Amtliche Vermessung
    • obwohl die amtliche Vermessung auch viele unbedeutende Namen enthält (wo die Tendenz zur Anlehnung an die Mundart berechtigt ist), stehen die Anliegen der Gemeinde im Vordergrund wie Namen nicht ändern, Verwendungsmöglichkeit der Namen für Strassennamen (insbesondere benannte Gebiete), Haltestellennamen usw.


Wie sollen künftig Orts- und Lokalnamen geschrieben werden?

Zweck und Anforderungen

Primärer Zweck der Orts- und Lokalnamen ist die Orientierung und Verständigung über Örtlichkeiten vgl. auch Anforderungen der Benutzer.

Weitergehende Zwecke können mit dem Namenbuch usw. abgedeckt werden vgl. dazu auch die kulturgeschichtlichen Aspekte


Änderungen

  • Rechtsleben und amtlicher, schriftlicher Verkehr fordern eine hohe Stabilität der Namen
  • Grundsätzlich keine Orts- und Lokalnamen ändern, sondern so belassen wie sie sind. D.h. heutige Schreibweise einfrieren.


Mit Weisungen 1948 wurde nach dem 2. Weltkrieg eine Aktion eingeleitet, schriftsprachliche Lokalnamen in eine pragmatische Mundartform zu überführen. Hintergrund bildeten auch der Zeitgeist des 2. Weltkrieges und die Bewahrung der schweizerischen Identität. Heute hat sich die Situation gegenüber 1948 geändert. Diese Aktion muss nun nach ca. 60 Jahren grundsätzlich als abgeschlossen gelten. Es besteht daher grundsätzlich keine Notwendigkeit, noch nicht nach Weisung 1948 geschriebene Namen zu ändern. Es soll in diesem Fall sichergestellt werden, dass eine Nachführung in allen Registern usw. rasch möglich ist und finanziert werden kann. Orts- und Lokalnamen z.B. von Chur, welche aus einer Amtlichen Vermessung vor 1900 stammen, lassen sich kaum ändern, da sich die Schreibweisen längst eingebürgert haben und in Hunderten von Registern und Erlassen enthalten sind Details vergleiche hier.


Schreibregeln

  • Wenn von Bundesrat Schmid versichert, die bisherige Schreibpraxis beizubehalten, so müssten konsequenterweise auch die bisherigen Schreibregeln Weisungen 1948 beibehalten werden.
  • Auf eine Reform von der pragmatischen Schreibweise gemäss Weisung 1948 auf extrem mundartliche Schreibweise gemäss Leitfaden Toponymie 2006 muss verzichtet werden, da Orts- und Lokalnamen einfach les- und schreibbar sein müssen und eine allgemeine Akzeptanz finden sollen. Extrem mundartliche Schreibung erfüllt weder die einfache Schreib- und Lesbarkeit noch die allgemeine Akzeptanz vgl. Stellungnahme Schweizerischer Gemeindeverband sowie Stellungnahme Schweizerischer Städteverband


Kreisschreiben Bundesamt für Landestopografie «Leitfaden Toponymie - Weisungen 1948»

Der Entwurf der Toponymischen Richtlinien im Mai 2005 hatte in der Schweiz zu einer kontroversen Auseinandersetzung über die Schreibweise von Orts- und Lokalnamen geführt, welche auch mit dem nachfolgenden Entwurf Mai 2006 «Leitfaden Toponymie» nicht gestoppt werden konnte. In der Folge enthielten diverse Stellungnahmen im Anhörungsverfahren zur Verordnung über geografische Namen (GeoNV) Äusserungen zum Thema «Beibehaltung der Weisungen 1948 anstelle Leitfaden Toponymie».

Aufgrund der sehr kontroversen und teilweise auch unsachlichen Diskussionen in der Presse über die Namen in der Landeskarte und den Leitfaden Toponymie hat am 02.05.07 in Zug eine Sitzung zwischen Vertretern der SOGI und dem Bundesamt für Landestopografie swisstopo stattgefunden. In der Diskussion konnten die Meinungen ausgetauscht und einige Missverständnisse geklärt werden. Es konnte eine Einigung erzielt werden, welche das Bundesamt für Landestopografie anfangs Juni 2007 im folgenden Kreisschreiben an die kantonalen Vermessungsaufsichten mitgeteilt hat:


Die Delegierten der SOGI und von swisstopo haben sich insbesondere auf folgendes Vorgehen in der Sache geeinigt:

  • Sobald die Verordnung über die geografischen Namen (GeoNV) einen konsolidierten Stand erreicht hat, wird swisstopo auf Grund dieses Verordnungsentwurfes eine paritätische Arbeitsgruppe zur Erarbeitung einer Technischen Verordnung über die geografischen Namen (TGeoNV) einsetzen. Diese Arbeitsgruppe wird allgemein gültige und breit abgestützte Schreibregeln über die Namen der topografischen Objekte in den Landessprachen erarbeiten. Bei den Schreibregeln für die deutschsprachige Schweiz werden dabei - unter Einbezug des Leitfadens Toponymie - die Weisungen 1948 leicht überarbeitet.
  • Der Leitfaden Toponymie wird von swisstopo fertig gestellt und steht der oben genannten Arbeitsgruppe zur Verfügung. Nach Beendigung der Arbeiten dieser Arbeitsgruppe wird entschieden, ob und falls ja wann und wie der Leitfaden Toponymie publiziert wird.
  • Die SOGI und ihre Vertreterinnen und Vertreter verzichten auf die Publikation der bisherigen Entwürfe des Leitfadens Toponymie und auf weitere Stellungnahmen in den Print- und Internetmedien.


Das Kreisschreiben enthält folgenden Aufruf:

Die Kantone werden gebeten, bis zum Vorliegen der erwähnten technischen Verordnung keine Änderungen an der Nomenklatur vorzunehmen. Bei neu anstehenden Arbeiten sind wie bisher die Weisungen 1948 anzuwenden, obwohl sie auf Stufe Bund seit längerem keine gesetzliche Grundlage mehr aufweisen.


vgl. auch


Weblinks