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Hochschule für Technik Rapperswil

Modul: Planungsmethodik 5 | GIS 2 | HS 2015
Thema: Schulen & Nahversorgung
Studierende: Adrian Guntli | Luca Imoberdorf | Christian Tschopp
Dozent: Claudio Büchel
Datum: 10. Dezember 2015

Ausgangslage

Mit dem neuen Raumplanungsgesetz führt der Bund neue, genauere Regeln für die Raumplanung ein. Insbesondere auf die Dimensionierung der Bauzonen wird besonders geachtet. Damit überhaupt neue Einzonungen möglich sind, müssen die Kantone aufzeigen, dass die bestehende Bauzonenfläche nicht ausreicht und dass das Verdichtungspotenzial ausgenutzt ist. Sind die Bauzonen zu gross dimensioniert, müssen auch Auszonungen vorgenommen werden.

Aufgabe

Übersichtsplan Funktionaler Raum

Aufgabe im Rahmen des Moduls GIS2 ist es, für einen funktionalen Raum im Oberengadin (Kanton Graubünden) ein Entwicklungsleitbild zu erstellen. Anhand detaillierter GIS-Analysen soll aufgezeigt werden, wie sich die Siedlung entwickeln soll:

  • Wo wird ausgezont?
  • Wo wird verdichtet?

Diese Fragestellung bearbeiten wir in vier Arbeitsschritten. In jeder Vorlesung wird es einen Theorieinput geben, was als Grundlage für die Erarbeitung des GIS-Projektes dient.


Perimeter

Als funktionaler Raum wurde eine Region mit folgenden Gemeinden definiert:

  • Gemeinde Bever
  • Gemeinde Samedan
  • Gemeinde Celerina
  • Gemeinde St. Moritz
  • Gemeinde Silvaplana
  • Gemeinde Sils im Engadin
  • Gemeinde Pontresina

Thema

Ziel der Auswertung ist es herauszufinden wie gut die Nahversorgung in einzelnen Teilgebieten ist. Anhand der bestehenden unüberbauten Bauzonen lässt sich ablesen, wo die Überbauung oder möglicherweise gar eine Aufzonung sinnvoll wäre. In Gebieten die über keine oder eine sehr schlechte Nahversorgung verfügen, ist auch eine Auszonung der entsprechenden Bauzonen zu prüfen.

Arbeitsschritte

Grundlagenaufbereitung

In OpenStreetMap sind eine Vielzahl an 'Points of Interest' (POI) erfasst. Mit dem Export dieser Daten können die POI auf einfache Art und Weise ins ArcGis importiert werden. Im folgenden Text werden die einzelnen Arbeitsschritte erklärt:

Schritt 1: OpenStreetMap Export

Internetseite von OpenStreetMap aufrufen und oben in der Menuleiste auf Export klicken. Es erscheint auf der linken Bildschirmseite verschiedene Exportmöglichkeiten. In unserem Fall wählen wir Geofabrik Downloads.

Bearbeitungsperimeter


Schritt 2: Download von Geofabrik

Den gewünschten Standort wählen, in unserem Fall Europe/Switzerland. Nun können alle eingetragenen POI's der Schweiz als .shp-File heruntergeladen werden.

Bearbeitungsperimeter


Schritt 3: Daten zerschneiden

Damit bei der Weiterbearbeitung nicht die ganze Schweiz mitgetragen werden muss, sollen nun alle Daten ausserhlab des bestimmten Perimeters ausgeschnitten werden. Dafür wird der Befehl Intersect verwendet.


Ausgangslage AusgangslageAusgangslage


Ergebnis: Es liegen nur noch die Daten innerhalb des Perimeters vor.

ACHTUNG: Auffällig ist, dass in den heruntergeladenen Dateien lediglich vier Schulen erfasst sind. Diese und weitere für uns wichtige Einrichtungen (insb. Einkaufsmöglichkeiten) wurden nachträglich von uns manuell ergänzt. Die Daten von OpenStreetMap sind also sehr nützlich, allerdings nicht immer sehr zuverlässig!


Damit die Punkte übersichtlicher werden sollen sie in einem nächsten Schritt gruppiert werden. Also zum Beispiel Kindergärten, Primarschulen, Oberstufenschule zu einer Gruppe "Bildung" zusammenfasssen.

Schritt 4: Daten Gruppieren

Um die Punkte zu gruppieren muss eine neue Spalte als Attribut in der Tabelle hinzugefügt werden.

  • Tabelle öffnen, Add Field

Ausgangslage


  • Der Spalte die gewünscht Bezeichnung geben und den "Type" festlegen (z.B. Integer für Zahlen, Text für Text)


Ausgangslage


  • Um der neu hinzugefügten Spalte Werte hinzuzufügen, benutzen wir den Befehl "Field Calculator", welcher mit Rechtsklick auf die Spalte erreicht wird.


Ausgangslage


  • Im unteren Teil des Fensters können beliebige Werte eingefüllt werden. WICHTIG: Funktioniert nur mit Gänsefüsschen (") ab Anfang und am Ende des Wertes.


Ausgangslage


Die gruppierten Daten wurden in einem weiteren Schritt nochmals hinterfragt und nur mit den wichtigsten Gruppen weitergearbeitet.

Datenauswertung

Ziel der Datenauswertung ist es, pro POI den Einzugsradius darzustellen und damit unüberbaute Bauzonen zu bewerten wie gross das Überbauungspotential ist. Uns ist es wichtig, dass eine Einkaufsmöglichkeit in Fussdistanz, d.h. in maximal 500m Entfernung erreichbar ist. Für Kindergärtner erscheint uns ebenfalls eine Distanz von 500m zumutbar. Für Primarschulen verdoppelt sich die Distanz, nicht zuletzt, da diese den Schulweg vermehrt mit dem Velo zurücklegen. Für die Kategorien Gastronomie, Dienstleistung und Kultur beträgt der Einzugsradius 1000-1500m, da diese im Normalfall unregelmässig und seltener relevant sind.

Schritt 1: Einzugsradius bestimmen

Kategorie Nahversorgung Einzugsradius
Kindergarten 500
Primarschule 1000
Gastronomie 1000
Dienstleistung 1500
Kultur 1500
Einkauf 500

Schritt 2: Einzugsgebiete berechnen Die Einzugsradien werden mittels "Network Analyst" berechnet. Das Vorgehen gliedert sich wie folgt:

• Datengrundlage mit Wegnetz (z.B. von swisstopo)

ACHTUNG: Auch diese Grundlage stellte sich teilweise als lückenhaft heraus und muss deshalb überprüft und nötigenfalls ergänzt werden!

• Feature Dataset mit dem Wegenetz erstellen

• Mit dem Feature Dataset ein Network Dataset erstellen (rechtsklick auf Feature Dataset; New; Network Dataset)

Es entstehen Wegepunkte mit Querungsmöglichkeiten; Die Daten sind jetzt für die Analyse vorbereitet


• Network Analyst starten und "New Service Area" erstellen.

23 Network analyst service area.jpg

• Die zu berechnenden Ebenen mit unter "Facilities" "load Location" hinzufügen

• Einstellungen unter "Analysis Settings" und "Polygon Generation" vornehmen


23 Network analyst 2.PNG 23 Network analyst 3.PNG

• Network Analyst mit "solve" starten • Die berechneten Daten sind noch nicht gespeichert. Entsprechender Layer mit "Export Data" speichern.


Schritt 3: Bewertung


Die berechneten Einzugsgebiete aus "Schritt 2 Einzugsgebiete berechnen" werden nach ihrer Wichtigkeit für eine optimale Quartierversorgung mit den Werten zwischen 1-10 bewertet.

Kategorie Nahversorgung Bewertung
Kindergarten 10
Primarschule 10
Gastronomie 5
Dienstleistung 6
Kultur 2
Einkauf 8


Die Werte werden in der "Attribute Table" als neue Spalte mit der Funktion Add Field hinzugefügt. Ziel der Auswertung sind die Gebiete mit einer guten Nahversorgung ersichtlich zu machen. Dazu müssen alle Kategorien der Nahversorgung mit einander zusammengeführt werden (Werkzeug: Union). Die Werte der verschiedenen Kategorien sind jetzt alle in einer Zeile und können mit der Funktion "Field Calculator" zusammengezählt werden.

23 Wert Total.PNG


Schritt 4: Verschnitt mit unüberbauten Bauzonen

1. Merge(Zusammenführen)

Die unüberbauten Bauzonen sind pro Gemeinde auf unterschiedlichen Layer aufgeteilt. Für das weitere Vorgehen werden diese zusammengeführt.

--> Resultat: 1 Layer mit Einzelflächen

2. Dissolve (Zusammenführen) Die Einzelfächen werden zu einer Fläche zusammengeführt

-->Resultat: 1 Layer mit einer Fläche

3. Union (Vereinigen) Die Einzelfläche der unüberbauten Bauzonen wird mit dem Layer Nahversorgungeinzugsgebiete vereinigt.

Einzugsgebiete die sich ausserhalb der unüberbauten Bauzonen befinden werden mit dem Wert -1 und Einzugsgebiete die sich innerhalb befinden werden mit dem Wert 1 bezeichnet.

Resultat & Empfehlungen

Übersicht

23 Layout Nahversorgung uebersicht.jpg

Unüberbaute Bauzonen die im Total weniger als 15 Punkte (sehr schlechte bis schlechte Nahversorgung) erreicht haben, erhalten von uns grundsätzlich die Empfehlung ausgezont zu werden. Sie liegen nicht einmal im Einzugsgebiet einer Schule und einer Einkaufsmöglichkeit, eines Dienstleistungsangebot oder eines Gastrobetriebs. Zonen zwischen 15 und 30 Punkte sollen gemäss der heutigen Zonierung überbaut werden. Besser versorgte Zonen, das heisst mit mehr als 30 Punkten (sehr gut), sollen tendentiell aufgezont werden. Dies entspricht nur den allerbesten Bauzonen bezüglich Nahversorgung und Schulen.

23 Massnahmen.jpg

Es ist uns wichtig diese Empfehlungen in einigen Einzelfällen auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Wir beschränken uns dabei exemplarisch auf drei Gebiete in den Gemeinden Pontresina, Silvaplana und St. Moritz.

Pontresina

Innerhalb des Dorfkerns befinden sich noch grosse Baulücken, die sich hervorragend für eine Überbauung eignen und gegebenenfalls auch aufgezont werden sollten (grüne Flächen). Nördlich im Gebiet Godin und Muragls finden sich weitere unüberbaute Zonen, die aber aufgrund der Distanz zum eigentlichen Dorf über eine sehr schlechte Nahversorgung verfügen (rot). Eine Auszonung wäre hier aber der falsche Ansatz, da das Quartier insgesamt schon relativ dicht überbaut ist. Das Gebiet sollte stattdessen entwickelt und besser an das restliche Dorf angebunden werden.

23 Ergebnis Pontresina.jpg

Silvaplana

Der Dorfteil Surlej befindet sich rund 1.5 km östlich des Zentrums von Silvaplana. Er ist nur via einer Brücke über den Silvaplanersee erreichbar. Er zeichnet sich vor allem durch die Gondelstation, die den Corvatsch erschliesst und einen intensiven Zweitwohnungsbau aus. Hier befinden sich sehr grosse unüberbaute Flächen die über keine ausreichende Nahversorgung verfügen. Sinnvollerweise sollte die zukünftige bauliche Entwicklung deshalb im Zentrum von Silvaplana stattfinden, wo auch bestens versorgte Baulücken zu finden sind. Alternativ könnte Surlej zu einem vollwertigen eigenständigen Quartier entwickelt werden, das auch über die entsprechenden Einrichtungen der Nahversorgung und möglicherweise Schulen verfügt.

23 ErgebnisSilvaplana.jpg

St. Moritz

Der Suvretta-Hang oberhalb von St. Moritz beherbergt fast ausschliesslich Zweitwohnungen. Entsprechend schlecht ist auch die Nahversorgung. Es bietet sich deshalb an sämtliche hier gelegenen Flächen auszuzonen. Dieser Vorschlag dürfte in St. Moritz aber auf taube Ohren stossen und gar für Gelächter sorgen, handelt es sich dabei doch um die teuerste Wohnlage der Schweiz und die sechstteuerste Lage der Welt und wird deshalb auch gerne Beverly Hills der Alpen genannt. Hier werden bis zu 45'000 Fr. pro m2 Bauland bezahlt und Ferienhäuser wechseln für mehr als 100 Mio. CHF die Hand. Obwohl es rund um St. Moritz aus der Sicht der Nahversorgung für eine Überbauung viel geeignetere Lagen gäbe, ist eine Auszonung an dieser Stelle utopisch. Auch eine Entwicklung des Quartiers weg von reinen Zweitwohnungsnutzung hin zu einem ganzjährlich belebten Ort ist angesichts des Bodenpreises unrealistisch.

23 Ergebnis Stmoritz.jpg

Fazit

Die Analyse hat uns gezeigt mit wie wenig Aufwand man zu brauchbaren und für die weitere Planung sehr hilfreichen Ergebnissen kommt. Allerdings ist es sehr wichtig, dass die Ergebnisse stets kritisch hinterfragt werden. ArcGIS führt die eingegebenen Befehle und Berechnungen ohne Widerrede aus, überlässt es somit dem Anwender die Ergebnisse auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die Daten von OpenStreetMap und des Strassennetzes stellten sich als lückenhaft oder veraltet heraus und mussten von uns ergänzt werden, da ansonsten das Resultat stark verfälscht worden wäre. Ebenfalls hat die von uns beispielhaft durchgeführte genauere Betrachtung einzelner Gebiete gezeigt, dass die GIS-Analyse lediglich eine erste Grundlage für raumplanerische Entscheide bieten kann. Eine ausführliche Einzelfallbetrachtung ist somit unumgänglich. Ausserdem müssten für eine qualifizierte Aussage sämtliche (oder zumindest eine Auswahl der wichtigsten) Auswertungen aller Gruppen überlagert werden, damit eine möglichst umfassende Betrachtung gewährleistet ist.

Quellen

  • www.osm.org
  • map.geo.admin.ch