Geoinformation und Lokalnamen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 31. Mai 2008, 18:04 Uhr
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Geoinformation und Orts- und Lokalnamen
Inhaltsverzeichnis
Forderung der Benutzer
Die Benutzer von Geoinformationen drängen auf die Beibehaltung einheitlicher, universell verwendbaren Schreibweisen von Orts- und Lokalnamen als wichtige Orientierungshilfe und Raumreferenz. Die neue auf 1.7.2008 in Kraft tretende Verordnung des Bundes über Geoinformation unterstützt diese Zielsetzung.
Orts- und Lokalnamen haben eine weitere Funktion als ein bedeutendes Kulturgut. Sie sind wichtige Zeugen aus der Vergangenheit und sie ergänzen die wenigen schriftlich überlieferten Zeugen. Orts- und Lokalnamen leben heute weiter und sollen auch für künftige Generationen erhalten bleiben. Mit dem Namenbuch verknüpfte Geoinformationssysteme erleichtern den Zugang zu diesem wertvollen Kulturgut, wo auch die genaue Aussprache und verschiedene Schreibweisen dokumentiert werden können.
Der kulturhistorische Wert eines Orts- und Lokalnamens hängt nicht von dessen Schreibweise ab. Der kulturhistorische Hintergrund eines Namens ist vielfach sogar besser erkennbar, wenn die Schreibung sich wo möglich und sinnvoll an das vertrau-te Schriftbild anlehnt.
Lernen aus der Vergangenheit
Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Ruf zu Wahrung der schweizerischen Identität laut. Mit den Weisungen 1948 wurde eine Lösung gefunden, wo dieser Forderung möglichst entsprochen werden konnte und trotzdem die Bewahrung des vertrauten Schriftbildes einigermassen gewährt werden konnte. Nach heutiger Ansicht der Benutzer von Geoinformation hatte man aber 1948 in der Anwendung dieser Weisungen weit über das Ziel hinausgeschossen und zu viele Namen wurden geändert.
Diese Entwicklung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden und muss so belassen werden.
Ähnliche Fehler dürfen jedoch heute nicht mehr gemacht werden. Die Benutzer unserer Kartenwerke wehren sich dagegen, dass heute noch mehr Namen geändert werden mit noch geringerer Anlehnung an das vertraute Schriftbild und mit den negativen Folgen wie Umstellungsaufwand, Doppelspurigkeit, Unsicherheiten und Imageverlust der Behörden.
In vielen Fällen stört sich die Bevölkerung, wenn geografische Namen verschieden geschrieben werden. In diesen Fällen stellt sich die Frage nach einer vertikalen Koordination der Schreibweise. Angefangen beim Beispiel des wunderschönen «Landsitze des Bundesrates «Lohn» in Kehrsatz bei Bern wird diese Sicht im Folgenden aufgezeigt.
Beispiele
- Lohn und Flurname Loon in Kehrsatz Kanton Bern
- Siedlungsnamen Erdhausen (Ärdhuuse) im Kanton Thurgau
- Änderung der Flurnamen im Wolfenschiessen Kanton Nidwalden
- Rohr oder Ror in Fischenthal Kanton Zürich
Beispiel 1 Landgut Lohn und Flurname Loon in Kehrsatz Kanton Bern
Flurnamen Lohn in der ehemaligen Siegfriedkarte (Schreibweise Lohn vor 1948) |
Flurname Im Loon in der aktuellen Landeskarte |
Lohnweg als Strassenbezeichnung |
Lohn im Telefonbuch |
Der Flurname «Lohn» wurde nach 1948 in «Loon» geändert, fand aber keine allgemeine Akzeptanz. Die Schreibweise «Lohn» war zu vertraut und wird weiterhin als Name des Landgutes und der Gebäudeadressierung verwendet. Da im Kanton Bern solche Fälle relativ häufig vorkommen, ist es fraglich, wie weit eine Verbesserung der Übereinstimmung erzielt werden kann. Immerhin wurde im Kanton Bern «Wald» nicht als «Waud» geschrieben, sonst wären noch grössere Diskrepanzen anzutreffen.
Beispiel 2 Siedlungsnamen Erdhausen (Ärdhuuse) im Kanton Thurgau
Bild:Erhausen Siegfriedkarte
Schreibweise «Erdhausen» in der Sifriedkarte
In der Landeskarte wurden im Kanton Thurgau in den letzten Jahren mehr als die Hälfte aller Flurnamen geändert. Die zuständige Stelle des Siedlungsverzeichnisses hatte sich geweigert, die geänderten Schreibweisen, welche sich nicht mehr an das vertraute Schriftbild anlehnen, zu übernehmen. Als Kompromiss hatte man sich darauf geeinigt, die offizielle Schreibweise in Klammern mitzuführen, so z.B. Erdhausen (Ärdhuuse). Es wird spannen zu sehen sein, wie der Kanton Thurgau dieses Problem in Zukunft lösen wird.
Beispiel 3 Änderung der Flurnamen im Wolfenschiessen Kanton Nidwalden
In Wolfenschiessen möchte man z.B. die vertraute Schreibweise von «Bannalp» und «Wellenberg» in «Banalp» und «Welenberg» verändern. Wie sehr sich die Bevölkerung daran stört, zeigt der Volksaufstand in der Gemeinde Wolfenschiessen. Es ist sehr zu hoffen, dass die kantonale Nomenklaturkommission die vorgeschlagenen Änderungen nicht einführt, damit die bisherige einheitliche Schriebweise erhalten bleibt und heute nicht dieselben Fehler wie im Kanton Thurgau und anderen Kantonen gemacht werden.
Beispiel 4 Rohr oder Ror in Fischenthal Kanton Zürich
Rohr in der Siegfriedkarte ca. 1880 - 1955 | Ror in der Landekarte ca. 1955 - 1970 | Rohr im heutigen Übersichtsplan |
Nach 1948 wurden im Kanton Zürich die Schreibweise «Rohr» in «Ror» umgestellt. Wegen mangelnder Akzeptanz wurde die Änderung der Schreibweise in der amtlichen Vermessung rückgängig gemacht, jedoch nicht in der Landeskarte.
In diesem Beispiel sollte auch auf der Landeskarte die Schreibweise «Ror» zur Schreibweise «Rohr» rückgängig gemacht werden. Für eine einheitliche Schreibweise müssen auch umgekehrt Schreibweisen aus der Landeskarte in der amtlichen Vermessung angepasst werden (z.B. Uetliberg, Aeugsterberg).