Rückänderungen der Schreibweise von Lokalnamen im Kanton Thurgau: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 20. Februar 2011, 11:03 Uhr
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Der Wegweiser bleibt: Die noch offiziellen Namen «Tuurbärg» und «Stelzehof» sollen zugunsten der
gebräuchlichen Form verschwinden.
Quelle: Thurgauer Zeitung (vgl. hier)
Schreibweise von «Thurberg» und «Stelzenhof»
- ca. 1870 Siegfriedkarte Online-Link
- Aktuelle Landeskarte Online-Link
Inhaltsverzeichnis
- 1 Allgemeines
- 2 2011 Thurgauer Gemeinden stützen den Entscheid zur Rückgängigmachung der Schreibweisen aller Siedlungsnamen und wichtiger Ortsnamen
- 3 Rückblick
- 4 Siehe auch
- 5 Weblinks
Allgemeines
Allgemeines zu Rückänderungen von Orts- und Lokalnamen vgl. hier
2011 Thurgauer Gemeinden stützen den Entscheid zur Rückgängigmachung der Schreibweisen aller Siedlungsnamen und wichtiger Ortsnamen
Ausschnitt:
- Keine Thurgauer Gemeinde will an der umstrittenen Mundartschreibweise für Siedlungen und Weiler festhalten. Sie tragen die Kehrtwende des Kantons mit.
- Die Haltung der Thurgauer Gemeinden ist klar: Sie wollen, dass die Namen von Siedlungen und wichtigen geographischen Punkten in der geläufigen schriftsprachlichen Variante geschrieben werden. Keine will am Entscheid des Kantons rütteln, dass die umstrittene extreme Mundartschreibweise wieder abgeschafft wird.
- Das ist das Ergebnis einer Vernehmlassung unter den Gemeinden. Der Kanton hatte ihnen die neue Schreibweise für 2'400 Siedlungen und Weiler zugestellt. Jede Gemeinde konnte zu den Namen auf ihrem Gebiet Stellung nehmen. Sie hätten 80 bis 90 Prozent der vom Kanton vorgeschlagenen Namen akzeptiert, sagt Andreas Keller, Generalsekretär des Departements für Inneres und Volkswirtschaft.
Rückblick
Rotbühl/Roopel
Wenn aus Rotbühl Roopel wird, resp. aus Roopel wieder Rotbühl
1957 Veränderte Schreibweisen auf der Landeskarte
Für die neue Landeskarte wurden im Kanton Thurgau ca. 1957 diverse bisherigen Schreibweisen aus der Siegfriedkarte gemäss Weisungen 1948 moderat verändert, so z.B. Rothbühl in Rotbüel, Holzhäusern in Holzhüseren. Die meisten Schreibweisen dieser Namen sind bis 1992 auf der Landeskarte konstant geblieben (weitere Infos vgl. hier.)
2004 Einzelne Rückänderungen von aus dem Namenbuch übernommenen Schreibweisen
Während 1962-1974 im Kanton Zürich einzelne Namen Richtung traditionelle herkömmliche Schreibweise zurückgeändert worden sind, wurden im Kanton Thurgau ab 1990 sehr viele Namen gemäss Thurgauer Namenbuch in lautgetreue Schreibweisen geändert. Es handelt sich bei den allermeisten Namen nicht um Rückänderungen zu historischen Schreibweisen, sondern um neue Schreibkreationen.
In der Landeskarte 1998 wurden die meisten Namen aus dem Thurgauer Namenbuch übernommen. Bereits 2004 wurden jedoch in der Landeskarte aus dem Thurgauer Namenbuch entstandene Namen zurückgeändert. Beispiele:
- Bänikon - Bänike - Bänikon Karte
- Battlehausen - Battlehuuse - Battlehausen Karte
- Eckartshausen - Eggertshuuse - Eckartshausen Karte
- Eutenberg - Eutebärg - Eutenberg Karte
- Heimenhofen - Heimehofe - Heimenhofen Karte
- Hünikon - Hüünike - Hünikon Karte (Kleinmassstäbliche Karte noch nicht rückmutiert)
- Kaltenbrunnen - Chaltebrune - Kaltenbrunnen Karte
- Gloten - Gloote - Gloten Karte
- Häuslenen - Hüüslene - Häuslenen Karte
- Holzhäusern - Holzhüüsere - Holzhäusern Karte
- Lenzenhaus - Länzehuus - Lenzenhaus Karte
- Leutmerken - Lütmärke - Leutmerken Karte
- Rosental - Roosetaal - Rosental Karte (in der Karte 1:200'000 noch nicht mutiert)
- Wolfikon - Wolfike - Wolfikon Karte
- Stachen - Stache - Stachen Karte
- Steineloh - Steiniloo - Steineloh Karte
2010 Planung weiterer Rückänderungen gemäss Vorschlägen einer Arbeitsgruppe
Entscheid Chef Departement für Inneres und Volkswirtschaft
Das Departement für Inneres und Volkswirtschaft hat auf Grund der grossen Opposition aus dem ganzen Kanton eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche den beachtenswerten Bericht Orts- und Flurnamen vom 23. März 2010 mit folgendem Inhalt verfasst hat:
- 1 Ausgangslage
- 2 Einsetzung einer Arbeitsgruppe
- 3 Rechtliche Grundlagen
- 4 Umsetzung auf kantonaler Ebene
- 5 Erwägungen für das weitere Vorgehen
- 6 Empfehlungen der Arbeitsgruppe
- Pressemitteilung Aus «Roopel» soll wieder «Rotbühl» werden vom 28. Mai 2010 vgl. hier
- Medienberichte Aus «Roopel» soll wieder «Rotbühl» werden vgl. hier
- Änderungen der geografischen Namen im Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis des Kanton TG mit Link auf die Karte vgl. hier
Auszug aus «28. Mai 2010, Mitteilung des Departementes für Inneres und Volkswirtschaft»
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Erkenntnisse der Arbeitsgruppe
Die Arbeitsgruppe hält in ihrem Bericht unter Anderem fest (Zusammenfassung):
- Die Mundartschreibweise im Kanton Thurgau weicht wesentlich von den Weisungen 1948 ab. Die Schreibweise ist von der Nomenklaturkommission konsequent zu Gunsten einer nicht nur mundartnahen (Weisungen 1948), sondern sogar einer möglichst mundartgetreuen und lautmalerischen Schreibweise (Thurgauer Namenbuch) festgelegt worden. Diese Praxis stehe aber im Gegensatz zu den Signalen, die aus der Bevölkerung zu vernehmen seien.
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- Anmerkung: vgl. auch Äusserungen von Ruedi Schwarzenbach bezüglich Bindung der Namen an die Bevölkerung
- Dieses Vorgehen entspricht im Übrigen weitgehend den neuen Vorgaben des Bundes, die erst im Januar 2010, als die Arbeitsgruppe ihren Auftrag schon fast erledigt hatte, bekannt geworden waren (Vorgaben des Bundes vgl. hier).
- Nur wenige Kantone haben so konsequent auf die Mundart gesetzt wie der Kanton Thurgau (vgl. 3.1 Rechtliche Grundlagen - Überblick)
Die von der Arbeitsgruppe aufgezählten Kantone, welche das nicht gesprochene -n schreiben, wenden nicht Schriftsprache, wie es der Anschein macht, sondern eine an die traditionelle Schreibweise angepasste Mundart an (vgl. hier). Die Arbeitsgruppe stellt fest, dass die Schreibung der Orts- und Flurnamen in der Schweiz z.T. unterschiedlich ist. Nach Ansicht der Benutzerorganisationen ist dieser Umstand nicht darauf zurück zu führen, dass die Weisungen 1948 zu veraltet und zu offenen gehalten sind, sondern dass diese nicht immer angewandt wurden, da Seitens der Namenforschung z.T. ein Mundartschreibweise bevorzugt wurde, welche sich mehr an der Lautnähe anstelle des traditionellen Schriftbildes orientiert.
Weiteres Vorgehen
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Bundesratsbeschluss vom 22.2.1938
Bundesratsbeschluss vom 22. Februar 1938 vgl. hier
Die Arbeitsgruppe ist gestützt auf die Antwort des Regierungsrates vom 3.8.2009 auf die Anfrage vom Kantonsrat Thomas Merz von folgender Aussage des Bundesrates ausgegangen:
Vor dem Hintergrund des einleitend bereits geschilderten Sprachenstreits in den 1930er Jahren beschloss der Bundesrat am 22. Februar 1938, dass die Lokalnamen auf der geplanten Landeskarte der Schweiz mundartnah geschrieben werden sollten (vgl. 3 Rechtliche Grundlagen, Überblick). |
Diese Aussage ist jedoch falsch wie man leicht feststellen kann, wenn man diesen Bundesratsbeschluss liest. Die Mundartschreibweise ist in keinem Satz erwähnt und ist erst mit den 1948 vom Justiz- und Polizeidepartement erlassenen Ausführungsbestiemungen Weisungen 1948 ein Thema geworden. Der Bundesrat selber hat von den Kantonen nie eine mundartnahe Schreibweise für Orts- und Flurnamen verlangt. Mit den Weisungen 1948 wurde im Rahmen von gewissen Schranken eine moderate, möglichst an das traditionelle Schriftbild anlehnende Schreibweise für Namen mit geringer, lokalen Bedeutung vorgegeben (vgl. hier.)
Die Schreibweise nach Weisungen 1948 wurde zwischen 1957 und 1992 im Kanton Thurgau auch auf der Landeskarte angewendet. Es bestand weder aus Sicht der Bevölkerung noch aus Sicht des Bundes kein Handlungsbedarf, 1998 die Schreibweise auf den Landeskarten nochmals zu revidieren.
Der Bundesrat erkannte im BRB 22.2.1938 die Problematik, wenn Siedlungsnamen mundartlich geschrieben werden und verlangte gemäss Art. 5 und 7 im Bundesratsbeschluss vom 22. Februar 1938: Namen von bewohnten Orten (Siedlungsnamen), welche im Gebrauch der Bundesverwaltung stehen, sind dem Bund zu Vernehmlassung vorzulegen.
Es ist daher paradox, dass der Bundesratsbeschluss vom 22. Februar 1938 als Ursache für die Probleme der Orts- und Flurnamen im Kanton Thurgau, insbesondere der veränderten Siedlungsnamen genannt wird. Dabei spricht sich der Bundesrat in seinem Beschluss in keinem Wort über die Mundartschreibung aus, hält im Gegenteil an den generellen Schreibregeln der Instruktion von 1937 über Erstellung neuer Landeskarten fest und beschliesst, dass die Schreibweise der Namen von bewohnten Orten (Siedlungsnamen), die im Gebrauch der Bundesveraltung stehen, dem Bund zur Vernehmlassung vorzulegen sind.
Siehe auch
- Änderungen der geografischen Namen im Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis des Kanton TG mit Link auf die Karte
- Geografische Namen in historischen Karten mit Beispielen aus dem Kanton Thurgau
- Wellenberg oder Welebärg?
- Eduard Imhof
- Mundart in Orts- und Lokalnamen