Mundart in Lokalnamen

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Geschichtlicher Hintergrund

  • Die Sprachgeschichte der Schweiz im 19. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch einen kräftigen Vormarsch des Schriftdeutschen.
  • Orts- und Lokalnamen wurden im 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhundert in der Dufourkarte und der Siegfriedkarte vorwiegend schriftsprachlich geschrieben.
  • Um 1900 wurde befürchtet, dass die schweizerdeutsche Mundart ausstirbt. Tappolet (1870-1939, Romanistikprofessor an der Universität Basel) gehörte zu den Begründer des «Glossaire des padois de la Susse romande» (welschschweizer Idiotikon). Er prophezeite den Untergang des Schweizerdeutschen und befürchtete, dass die Stadt Zürich die erste Schweizerstadt sein werde, welche zum Hochdeutschen übergehen werde.
  • Im Kanton Zürich wurde nach 1900 begonnen, Orts- und Lokalnamen mundartlich zu kartieren. Eduard Immhof schreibt 1945 in Die Ortsnamen in den amtlichen Plänen und Karten Seite 2/3:
    • Auf Anregung von Prof. Dr. A. Bachmann, Chefredaktor des schweizerischen Idiotikons (des heutigen Schweizerdeutschn Wörterbuches) erliess der Zürcher Regierungsrat im Jahre 1916 ein «Anweisung betreffend die Aufnahme und Schreibweise der Orts- und Flurnamen». Darin wird gesagt: «Die Namen sind in der ortsüblichen mundartlichen Aussprache aufzuzeichnen (also Underi Müli, Chrüzstrass usw.).»
    • Bachmann goss dann kurz darauf Wasser in seinen Wein, als er im gleichen Jahre anlässlich einer Konferenz der kantonalen Vermessungsaufsichtsbeamten die Wünsche und Ansichten der Sprachforschung begründete und formulierte. An dieser Konferenz sei erinnert, weil später die irrtümliche Meinung aufkam, er habe auch hier einer rein mundartlichen Nomenklatur das Wort geredet. Nach dem Sitzungsprotokoll sagte er jedoch folgendes: «Bei den Flurnamen ist eine durchgreifende Regelung der Schreibweise vonnöten, wobei im allgemeinen nicht von der übblichen Schreibform, sondern von der Sprechform auszugehen sein wird. Davon kann natürlich keine Rede sein, dass etwa die reine Sprechform zur Schreibform erhoben werde; das würde schon wgen der von Ort zu Ort wechselnden Lautverhältnisse zu Unterträglichkeit führen. Ebenso untunlich ist aber auch eine konsequente Umsetzung in eine der neuhochdeutschen Schriftsprache gemässe Form. Diese ginge höchstens da an, wo wir es mit Namen zu tun haben, die als Eigen- oder Gattungsnamen auch der Schriftsprache angehören. Wo dies nicht der Fall ist, erscheint die Verschriftsprachlichung zum mindesten unnatürlich. Von vornherein ausgeschlossen ist sie bei etymologisch dunklen Namen. Hier kann nur eine der Sprechform nach Möglichkeit angenäherte Schreibung in Frage kommen.»
    • Die Streichung des einen Wörtchens «höchstens» hätte nach heutiger Einsicht die Basis legen können zu einer Verständigung zwischen den Philologen und den Plan- und Kartenerstellern.
    • Leider aber beschritt man nicht diesen einfachen Weg. Vielmehr ging man - nach Anhören eines die Türe schroff zuschlagenden Korreferates von W.Schüle, des Chefs der Sektion für Kartographie der Abteilung für Landestopografphie - mit «roten Köpfen» auseinander. So schrieb man denn in den Zürcher Plänen weiterhin Chrüzstrass und Underi Müli, im benachbarten Schaffhausergebiet jedoch Kreuzstrasse und Untere Mühle.


Weisungen 1948

Auszug aus den Weisungen 1948 C. Besondere Schreibregeln

1. Die Bezeichnung der Länge. Die Länge eines Vokals wird im Allgemeinen nur dort bezeichnet, wo es für die irrtumsfreie Verständigung erwünscht ist (Grundsatz 1), ferner in einsilbigen, auf Vokal ausgehenden Wörtern und, soweit angebracht, in Fällen, wo die Vokallänge auch in der Schriftsprache bezeichnet wird. Sie wird in der Regel durch Doppelschreibung des Vokals ausgedrückt (bei langem i nötigenfalls durch y); durch h nur dann, wenn die Schreibform ohnehin einem schriftdeutschen Vorbild genau entspricht: a. Bruust, Baach (aus älterem Brunst, Bank), Roossen (ursprünglich Hanfröstplätze); Seewji, Howeeri, Geer, Schlyffi;

b. Aa, Loo, Lee, Ghaa;

c. Moos, Rohr, Zehnten, Zahl.

Formen, in denen der Vokal kurz gesprochen wird, wie Mosegg, Mösli, stören neben Moos nicht und sind mit einfachem Vokal zu schreiben.

2. Das ie der Schriftsprache. Einem schriftsprachlichen ie entspricht in unsern Mundarten häufig ein kurzes oder langes i: Gibel, Rigel, Ziger, Schmidsegg, Chrishau, Chisbüel, Spil, Stig, Zil. In solchen Wörtern soll nicht ie geschrieben werden, denn ie bezeichnet in der Mundart immer den Zwielaut i-e (Ried/Riet,Gries, Tier, Mieschboden).


Verbreitung mundartlicher Formen in geografischen Namen

In swissnames findet man folgende Statistik

Standardsprache Anzahl Mundartlich Anzahl Kommentar
Berg 5045 Bärg 457 immer Berg gemäss Weisunngen 1948
Bühl 29 Büel 1520 Büel besitzt grosse Akzeptanz
Hausen 76 Husen 78 .
Horn 1261 Hore 210 immer Horn gemöss Weisungen 1948
Klein 80 Chli 1007 .
Kohl 7 Chol 390 .
Kopf 42 Chopf 311 .
Kreuz 27 Chrütz 11 .
Leh 180 Lee 184 .
Loh 79 Loo 232 .
Lücke 123 Lugge 10 .
Moos 1439 Mos 273 Weisungen 1948 erwähnen Moos als Mundartform
Ried 942 Riet 539 beide Formen verbreitet, Anzahl 'Riedt 6
Rohr 127 Ror 94 Weisungen 1948 erwähnen Rohr als Mundartform
Weiher 73 Weier 304 .
Wies 47 Wis 1276 Wis ist eine typische mundartliche Form


Verordnung über geografische Namen (GeoNV)

Regeln für die geografischen Namen der Landesvermessung und der amtlichen Vermessung




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