Namenbuch und Flurnamenforschung: Unterschied zwischen den Versionen

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* [http://www.ortsnamen.ch/search/ Online Zugriff Datenbank Schweizer Namenbücher]
* [http://www.ortsnamen.ch/search/ Online Zugriff Betaversion Datenbank Schweizer Namenbücher]
 
 
* [http://www.ortsnamen.ch/content/view/14/27/ Übersicht über regionale Projekte]
 
* [http://www.ortsnamen.ch/content/view/14/27/ Übersicht über regionale Projekte]
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Version vom 27. Dezember 2011, 23:10 Uhr

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Namenbuch


Flurnamenforschung

Lokalnamen stellen ein bedeutendes Kulturgut dar. Es besteht heute ein grosses Interesse, Erkenntnisse über die Herkunft und Bedeutung von Orts- und Flurnamen zu erforschen. Die Flurnamenforschung wird vom Schweizerischen Nationalfondsunterstützt. Beispiele von unterstützen Forschungsprojekten vgl. hier.

Alte Namen für Äcker, Wiesen, Felder oder Wälder geben wertvolle Aufschlüsse über historische oder geografische Gegebenheiten. Da diese in Deutschland auf Katasterkarten häufig durch Nummern ersetzt werden, sind diese Flurnamen vom Aussterben bedroht. In Jena wurde wollen daher Namenforscher in einem Projekt die Flurnamen retten vgl. Artikel Namenforscher wollen Flurnamen retten.


Thübingen.jpg

1./2. Oktober 2009 Flurnamentagung an der Universität Jena

Im Thüringer Flurnamenprojekt wollen die Jenaer Forscher vom Institut für Germanistische Sprachwissenschaft und Heimatforscher vom Heimatbund Thüringen der Herkunft und Bedeutung gemeinsam auf den Grund gehen. Um die sprachlichen Denkmäler wie Fuchsbach und Kornwiesen vor dem Aussterben zu schützen, wollen Jenaer Wissenschaftler die Thüringer Flurnamen sammeln und erforschen. Am Ende des Projektes soll ein Thüringischer Flurnamenatlas stehen, in dem neben den Namen auch historische Belege sowie die Herkunft und Bedeutung der einzelnen Namen nachzulesen sind. Doch vorher gilt es, das Projekt der breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Neben Vorträgen zu thüringischen Flurnamen werden auf der Jenaer Tagung über 80 Namenforscher aus ganz Deutschland und Europa über ihre Forschung diskutieren Quelle vgl. hier. Weitere Infos


In der Schweiz werden Flurnamen in den Grundbuchplänen und Landeskarten immer mehr verdrängt, da durch die Siedlungstätigkeit es aus kartografischen Gründen wegen fehlendem Platz nicht mehr möglich ist, diese darzustellen. Um auch historische Flurnamen zu erhalten, ist es wichtig, diese in einem Archiv zu erhalten und der Öffentlichkeit (mölgichst mit GIS-Applikationen) im Internet zur Verfügung zu stellen. Eigenständige Informationsebenen eignen sich dazu weit besser, als amtliche Karten und Pläne, wo die Orientierung im Vordergrund steht und wo die Aspekte eines Fachthemas zu wenig stark berücksichtigt werden können.

Leider wird von gewissen Seiten behauptet, dass eine möglichst lautnahe Schreibweise der Flurnamen zur Erhaltung dieses Kulturgutes beiträgt. Dieser Sachverhalt wird jedoch bestritten und es kann ebenso argumentiert werden, dass Flurnamen das Kulturgut besser bewahren, wenn Flurnamen in einer möglichst normalisierten und vertrauten Weise geschrieben werden. Das zentrale Element eines Flurnamens ist die Existenz eines Flurnamens, nicht deren Schreibweise. Eine extreme Betonung einer möglichst lautnahen Schreibweise der Flurnamen kann sich sowohl negativ auf die Erhaltung der Flurnamen, wie auch auf die Erhaltung der Mundart auswirken weitere Betrachtungen dazu vgl. hier.

Flurnamen können besser gerettet werden, indem Forschungsergebnisse in einem mit fachspezifischen Geodaten verknüpften, im Internet öffentlich zugänglichen GIS-unterstützten Archiv verwaltet werden anstelle dass eingebürgerte Schreibweisen in eine möglichst lautgetreue Mundart geändert werden.


Namenbuch

Die Ergebnisse der Flurnamenforschung werden grundsätzlich in Namenbüchern festgehalten als systematische Fachdatensammlungen über die Bedeutung, Herkunft, historische Entwicklung, Aussprache, Schreibweisen usw. von Orts- und Flurnamen. Die Publikation dieser Namenbücher entspricht einem öffentlichen Interesse und ist Ziel des vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Projektes «Datenbank Schweizer Ortsnamen».


Links zu Namenforschung und Namenbuch

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Schreibweise von Lokalnamen im Namenbuch sowie auf Karten und Plänen

Problemstellung

Zu kontroversen Auseinandersetzungen führt immer wieder die Frage, ob lautnahe Schreibweisen von Flurnamen in Namenbüchern auf Karten und Plänen übernommen werden sollen, insbesondere wenn sie nicht den Weisungen 1948 resp. Weisungen 2011 entsprechen.


Statement eines Geologen: Flurnamen dienen nicht nur der Verzierungen der Landeskarte. Und die Landeskarten sind auch kein raumreferenziertes Archiv der Sprachforscher. Die Flurnamen sind zuerst einmal Bezugspunkte zur Geländeansprache. Und dabei werden sie nicht zur momentanen Orientierung (z. B. bei einer Bergtour) sondern auch zur Beschreibung von Feldbefunden verwendet.


Vermessung ist nicht Forschung Christian von Arx schreibt am 10.10.2007 in der Solothurnerzeitung:

  • Amtliche Vermessung: Grundlage für Landeskarte, Grundbuchplan, Übersichtsplan und amtliche Register. Die einmal festgelegte Schreibweise soll unverändert bleiben.
  • Forschung, z.B. Flurnamenbücher: Für die Schreibweise haben die Sprachwissenschafter Regeln erarbeitet, doch werden die Namen im Flurnamenbuch in verschiedenen Varianten - entsprechend den verwendeten Quellen - geschrieben und auch in der Lautschrift wiedergegeben.

Schreibweise in Namenbücher

Auch für die Namenbücher selber ist es wichtig, dass Flurnamen gefunden werden können. Stichworte im Namenbuch des Kantons Luzern werden grundsätzlich gemäss Weisungen 1948 resp. Weisungen 2011 geschrieben.


Normalisierung geografischer Mundartnamen in Namenbüchern vgl. hier

Auseinandersetzung 1945

Die Auseinandersetzung ist nicht neu. Eduard Imhof hat unterschiedliche Aspekte bereits im Jahr 1945 in Die Ortsnamen in den amtlichen Plänen und Kartenfestgehalten.

Auf Seite 1 und 2 obiger Publikation sind folgende Abschnitte enthalten:

  • Die Ortsnamen (Lokalnamen) bilden einen wesentlichen, jedoch in ihren Formen seit Jahren heftig umstrittenen Inhaltsteil unser neuen amtlichen Pläne und karten. Die Kartierungsorgane des Bundes und der Kantone, aber auch die Vertreter der Sprach- und Geschichtswissenschaften bemühen sich um eine Neuregelung der Nomenklaturfrage.
  • In den bisherigen Reformbestrebungen hält Imhof zwei unterschiedliche Aspekte fest:
    • Die bisherigen eidgenössischen Kartenwerke besitzen keine sprachlich einheitliche Nomenklatur. Auch die «Instruktion für die Erstellung neuen Landeskarten» (technische Vorschriften der Eidg. Landestopografie vom 9. Januar 1937) hält an diesem Zustande fest. Sie schreibt vor: «Ortsnamen, welche ohne weiteres in die Schriftsprache, als die allgemein gültige Verkehrssprache übertragen werden können und an Ort und Stelle in dieser Schreibweise gebraucht werden, bekannt und verständlich sind, sind in der Schriftsprache wiederzugeben. Ortsnamen, welche dagegen nur in landläufigen Dialekt existieren und nur in dieser Form bekannt und verständlich sind, müssen in Dialektform geschrieben werden. Objektbezeichnungen, wie Fabrik, Bahnhof, Kapelle, Kloster, Kiesgrube, Schiessplatz, Schulhaus usw. werden in der Schriftsprache geschrieben.
    • Die Ortsnamenforschung hingegen erstrebt eine Aufnahme aller Namen in der lokalen Mundart. Im Streben nach sprachlicher Reinheit und Einheitlichkeit sucht sie ein Nebeneinander schriftsprachlicher und mundartlicher Ortsnamen oder gar ihre Mischung in ein und demselben Wortbild zu vermeiden oder wenigstens einzudämmen. Neben wissenschaftlichen und stilistischen Erwägungen sind es auch nationale Gesichtspunkte, die zugunsten der Mundart in die Wagschale gelegt werden. Es ist der Ruf nach stärkerer Betonung unserer eigenstaatlichen Substanz, nach Bodenständigkeit und sprachlichem Heimatschutz. In wohlberechtigten Selbstbehauptungswillen besinnt sich der heutige Schweizer wie mehr auf seine eigenen kulturellen Werte. So ist der Kampf gegen jede Schwächung und Verpfuschung der einheimischen Mundarten eine unserer besten nationalen Aufgaben.


Kompromisslösung Weisungen 1948/2011

Die Verfechter der beiden unterschiedlichen Aspekte konnten sich auf die Kompromisslösung Schreibregeln Weisungen 1948 einigen. Der Unterschied zu 1945 besteht darin, dass heute zwar seit 1948 Schreibregeln bestehen, diese aber gewissen Kreisen der Flurnamenforschung / Namenbuch / Nomenklaturkommissionen heute nicht mehr genehm sind und daher zum Teil massiv davon abgewichen wird. Vgl. dazu Zitat Eduard Imhof aus "Mein Standpunkt in der Ortsnamenfrage":

Sprachliche Einheitlichkeit wird durch meine Vorschläge nicht erreicht. Dieses Mangels bin ich mir bewusst. Jede Vermischung von Mundarten und Schriftsprache muss den sprachlich geschulten Kartenbenützer unsympathisch sein. Es wäre jedoch ein tragischer Irrtum, zu glauben, sprachliche Einheitlichkeit sei in der Plan- und Kartenbeschriftung der deutschen Schweiz überhaupt erreichbar. Eine kompromissfreie Lösung wäre nur in einer mundartlichen Spezialkarte mit phonetischen Lautzeichen möglich. Hoffen wir, dass auch eine solche nicht allzu lange auf sich warten lässt.


Auseinandersetzung heute

Die heutige Auseinandersetzung um die Schreibweise in der Lokalnamen in der Schweiz ist grundsätzlich eine Folge davon, dass man von der Einigung auf die Kompromisslösung 1948 in Richtung mehr Mundart im Sinne der Namenforschung abgewichen ist. Mit dazu beigetragen haben z.B. folgende Umstände:

  • Nichtbefolgung der Weisungen 1948. Die Weisungen 1948 resp. Weisungen 2011 propagieren keine lautnahe, sondern eine moderate Mundartschreibweisse von Lokalnamen
  • Personelle Verflechtung der Namenforschung/Namenbuch und Nomenklaturkommission. Einzelne Nomenklaturkommissionen vertreten einseitig Interessen der Namenforschung resp. Namenbuch, wie sie 1945 von Eduard Imhof formuliert wurden und die Diskussion von 1945 wiederholt sich heute. Den Interessen der Benutzer mit den Anliegen der Beachtung des ursprünglichen Zweckes von Lokalnamen (Bezeichnung von Örtlichkeiten als Referenznamen zur Verständigung und Orientierung) wird dabei zu wenig Beachtung geschenkt.
  • Bisher wurde die enge Koppelung der Gebäudeadressierung und der Lokalnamen zu wenig erkannt vgl. grosse Bedeutung von Lokalnamen bei der Gebäudeadressierung.
  • Man war sich bisher zu wenig bewusst, dass Änderungen von Lokalnamen grosse Auswirkungen haben vgl. Lokalnamen in Chur.


Schlussfolgerungen

  • Bestehende Lokalnamen in der amtlichen Vermessung und in Landeskarten sollen nicht durch Schreibweisen des Namenbuches ersetzt werden, sondern die bestehenden Lokalnamen können im Namenbuch als wichtige Raumreferenznamen dienen. (Hinweis: Ahnen- und Familienforscher lassen nicht die heutige Schreibweise der Familiennamen z.B. bei der Einwohnerkontrolle ändern, sondern verwenden die Namen unverändert in ihren Untersuchungen. Dies bedeutet nicht, das mal auch ein Name geändert werden könnte).
  • Die amtliche Vermessung und die Landeskarten sollen daher nicht als thematische Ebenen des Namenbuches missbraucht werden, sondern als allgemeine Raumreferenz dienen.


Weitere Infos

Weitere Infos zur Beziehung von Lokalnamen auf amtlichen Karten und Plänen und dem Namenbuch:

Weblinks