Namenbuch und Flurnamenforschung

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Flurnamenforschung

Die Bedeutung der Orts- und Lokalnamen als wichtiges Kulturgut ist unbestritten. Es besteht heute ein grosses Interesse, Erkenntnisse über die Herkunft und Bedeutung von Orts- und Flurnamen zu erforschen. Die Flurnamenforschung wird vom Schweizerischen Nationalfondsunterstützt. Beispiele von unterstützen Forschungsprojekten vgl. hier.


Namenbuch

Die Ergebnisse der Flurnamenforschung werden grundsätzlich in Namenbüchern festgehalten als systematische Fachdatensammlung über die Bedeutung, Herkunft, historische Entwicklung, Aussprache usw. von Orts- und Flurnamen. Die Publikation dieser Namenbücher entspricht einem öffentlichen Interesse und ist Ziel des vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Projektes «Datenbank Schweizer Ortsnamen».

Beispiele von Namenbüchern:


Schreibweise von Orts- und Lokalnamen im Namenbuch sowie auf Karten und Plänen

Problemstellung

Zu kontroversen Auseinandersetzungen führt immer wieder die Frage, ob lautnahe Schreibweisen von Flurnamen in Namenbüchern auf Karten und Plänen übernommen werden sollen, insbesondere wenn sie nicht den Weisungen 1948 entsprechen.


Statement eines Geologen: Flurnamen dienen nicht nur der Verzierungen der Landeskarte. Und die Landeskarten sind auch kein raumreferenziertes Archiv der Sprachforscher. Die Flurnamen sind zuerst einmal Bezugspunkte zur Geländeansprache. Und dabei werden sie nicht zur momentanen Orientierung (z. B. bei einer Bergtour) sondern auch zur Beschreibung von Feldbefunden verwendet.


Vermessung ist nicht Forschung Christian von Arx schreibt am 10.10.2007 in der Solothurnerzeitung:

  • Amtliche Vermessung: Grundlage für Landeskarte, Grundbuchplan, Übersichtsplan und amtliche Register. Die einmal festgelegte Schreibweise soll unverändert bleiben.
  • Forschung, z.B. Flurnamenbücher: Für die Schreibweise haben die Sprachwissenschafter Regeln erarbeitet, doch werden die Namen im Flurnamenbuch in verschiedenen Varianten - entsprechend den verwendeten Quellen - geschrieben und auch in der Lautschrift wiedergegeben.


Schreibweise in Namenbücher

Auch für die Namenbücher selber ist es wichtig, dass Flurnamen gefunden werden können. Stichworte im Namenbuch des Kantons Luzern werden grundsätzlich gemäss Weisungen 1948 geschrieben (vgl. Kap. 1.7 Aufbau Namenbuch, Seite 22).


Auseinandersetzung 1945

Die Auseinandersetzung ist nicht neu. Eduard Imhof hat unterschiedliche Aspekte bereits im Jahr 1945 in Die Ortsnamen in den amtlichen Plänen und Kartenfestgehalten.

Auf Seite 1 und 2 obiger Publikation sind folgende Abschnitte enthalten:

  • Die Ortsnamen (Orts- und Lokalnamen) bilden einen wesentlichen, jedoch in ihren Formen seit Jahren heftig umstrittenen Inhaltsteil unser neuen amtlichen Pläne und karten. Die Kartierungsorgane des Bundes und der Kantone, aber auch die Vertreter der Sprach- und Geschichtswissenschaften bemühen sich um eine Neuregelung der Nomenklaturfrage.
  • In den bisherigen Reformbestrebungen hält Imhof zwei unterschiedliche Aspekte fest:
    • Die bisherigen eidgenössischen Kartenwerke besitzen keine sprachlich einheitliche Nomenklatur. Auch die «Instruktion für die Erstellung neuen Landeskarten» (technische Vorschriften der Eidg. Landestopografie vom 9. Januar 1937) hält an diesem Zustande fest. Sie schreibt vor: «Ortsnamen, welche ohne weiteres in die Schriftsprache, als die allgemein gültige Verkehrssprache übertragen werden können und an Ort und Stelle in dieser Schreibweise gebracht werden, bekannt und verständlich sind, sind in der Schriftsprache wiederzugeben. Ortsnamen, welche dagegen nur in landläufigen Dialekt existieren und nur in dieser Form bekannt und verständlich sind, müssen in Dialektform geschrieben werden. Objektbezeichnungen, wie Fabrik, Bahnhof, Kapelle, Kloster, Kiesgrube, Schiessplatz, Schulhaus usw. werden in der Schriftsprache geschrieben.
    • Die Ortsnamenforschung hingegen erstrebt eine Aufnahme aller Namen in der lokalen Mundart. Im Streben nach sprachlicher Reinheit und Einheitlichkeit sucht sie ein Nebeneinander schriftsprachlicher und mundartlicher Ortsnamen oder gar ihre Mischung in ein und demselben Wortbild zu vermeiden oder wenigstens einzudämmen. Neben wissenschaftlichen und stilistischen Erwägungen sind es auch nationale Gesichtspunkte, die zugunsten der Mundart in die Wagschale gelegt werden. Es ist der Ruf nach stärkerer Betonung unserer eigenstaatlichen Substanz, nach Bodenständigkeit und sprachlichem Heimatschutz. In wohlberechtigten Selbstbehauptungswillen besinnt sich der heutige Schweizer wie mehr auf seine eigenen kulturellen Werte. So ist der Kampf gegen jede Schwächung und Verpfuschung der einheimischen Mundarten eine unserer besten nationalen Aufgaben.


Kompromisslösung Weisungen 1948

Die Verfechter der beiden unterschiedlichen Aspekte konnten sich auf die Kompromisslösung Schreibregeln Weisungen 1948 einigen. Der Unterschied zu 1945 besteht darin, dass heute zwar seit 1948 Schreibregeln bestehen, diese aber gewissen Kreisen der Flurnamenforschung / Namenbuch / Nomenklaturkommissionen heute nicht mehr genehm sind und daher zum Teil davon massiv abgewichen wird. Vgl. dazu Zitat Eduard Imhof aus "Mein Standpunkt in der Ortsnamenfrage":

Sprachliche Einheitlichkeit wird durch meine Vorschläge nicht erreicht. Dieses Mangels bin ich mir bewusst. Jede Vermischung von Mundarten und Schriftsprache muss den sprachlich geschulten Kartenbenützer unsympathisch sein. Es wäre jedoch ein tragischer Irrtum, zu glauben, sprachliche Einheitlichkeit sei in der Plan- und Kartenbeschriftung der deutschen Schweiz überhaupt erreichbar. Eine kompromissfreie Lösung wäre nur in einer mundartlichen Spezialkarte mit phonetischen Lautzeichen möglich. Hoffen wir, dass auch eine solche nicht allzu lange auf sich warten lässt.


Auseinandersetzung heute

Die heutige Auseinandersetzung um die richtige Schreibweise in der Orts- und Lokalnamen in der Schweiz ist grundsätzlich eine Folge, dass man von der Einigung auf die Kompromisslösung 1948 in Richtung mehr Mundart im Sinne der Namenforschung abgewichen ist. Mit dazu beigetragen haben folgende Umstände:

  • Falsches Verständnis über die Weisungen 1948. Die Weisungen 1948 propagieren keine lautnahe, sondern moderate eine Mundartschreibweisse von Orts- und Lokalnamen
  • Personelle Verflechtung der Namenforschung / Namenbuch / Nomenklaturkommission. Gewisse Nomenklaturkommissionen vertreten einseitig die Interessen der Namenforschung und Namenbuch und vernachlässigen die Interessen der Benutzer mit den Anliegen des ursprünglichen Zweckes von Orts- und Lokalnamen, nämlich die Bezeichnung von Örtlichkeiten als Referenznamen zur Verständigung und Orientierung.
  • Bisher wurde die enge Koppelung der Gebäudeadressierung und der Orts- und Lokalnamen nicht erkannt.


Weitere Infos

Weitere Infos zur Beziehung von Orts- und Lokalnamen auf amtlichen Karten und Plänen und dem Namenbuch:


Weblinks