Rückänderungen der Schreibweise von Lokalnamen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 18. Juni 2010, 07:42 Uhr
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Rückänderungen der Schreibweise von Ortsnamen in der Thurgauer Gemeinde Amlikon-Bissegg in der Landeskarte 2004. Im Kanton Thurgau wurde am 28.5.2010 offiziell bekannt gegeben, dass weitere Rückänderungen im grösseren Rahmen erfolgen werden (Siedlungsnamen und Flurnamen mit grosser Bedeutung) vgl. hier
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Inhaltsverzeichnis
- 1 Allgemeines
- 2 Beispiele von Rückänderungen
- 3 Hintergrund
- 4 Siehe auch
- 5 Weblinks
Allgemeines
Begriffe
Rückänderungen der Schreibweise von Orts- und Flurnamen:
- In diesem Kapitel geht es um das Rückgängigmachen veränderter Schreibweisen von Orts- und Flurnamen.
Beharrungsvermögen der Namen und starke Bindung der Bevölkerung an die Namen
Zeitschrift für Sprache in der deutschen Schweiz, Ausgabe 2/2009: Ruedi Schwarzenbach, Namenstreit im Thurgau.
Schwarzenbach schreibt auf Seite 11 der erwähnten Zeitschrift: Die Dokumentation «Geschichte Schreibweise Orts- und Lokalnamen» der Hochschule Rapperswil sieht Konflikte zwischen drei Ansprüchen an die geographischen Namen. Schwarzenbach zitiert diesen Text und fährt anschliessend so weiter:
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Entwicklung der Orts- und Lokalnamen ausserhalb der Karten
Eduard Imhof in Schreibweise von Orts- und Lokalnamen:
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Wie kommt es zu Änderungen und zu Rückänderungen?
Bei der Überführung der Siegfriedkarte in die Landeskarte wurden ab ca. 1950 diverse Orts- und Lokalnamen in eine mundartliche Schreibweise verändert. Vor allem wenn nicht nur Namen von geringer, lokaler Bedeutung geändert werden resp. wenn Änderungen nicht nur in eine moderate, sondern in eine ausgeprägt lautnahe Mundart erfolgten, stiessen die neuen Schreibweisen bei der Bevölkerung aber auch bei den betroffenen Behörden immer wieder auf grosse Opposition. Der Unmut und Ärger äusserte sich z.B. in:
- Berichten in den Medien (Zeitungen, TV, Radio und Internet)
- Leserbriefen und Kommentaren
- Parlamentarischen Anfragen und politischen Vorstössen
- Unterschriftensammlungen
In der Folge sahen sich die zuständigen Behörden gezwungen, ungerechtfertige Änderungen an der Schreibweise von Orts- und Lokalnamen wieder rückgängig zu machen.
Rechtliche Grundlagen
Art. 3 GeoNV
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Auszug aus Kap. 2.1 Empfehlungen zur Schreibweise von Gemeind- und Ortschaftsnamen, Richtlinien zur Schreibweise von Stationsnamen:
Mit «Anlehnung an die Standardsprache» wird einerseits die traditionelle, meist an der Standardsprache ausgerichtete Schreibweise verstanden und andererseits, dass die Schreibweisen von Mundartnamen sich möglichst an das Schriftbild der Standardsprache anlehnt. Der Grundsatz, Namen «soweit möglich und sinnvoll an die Standardsprache anzulehnen», bezieht sich auf alle geografischen Namen, also z.B. auch auf Flurnamen. Wegen ihres überregionalen Gebrauchs, ihrer Bedeutung und Funktion (z.B. irrtumsfreie Verständigung oder rasche Auffindbarkeit in Verzeichnissen) lehnt sich die Schreibweise von Gemeinde- und Ortschaftsnamen an die traditionelle, standardsprachlich ausgerichtete Schreibweise an. Diese Forderung richtet sich auch an Ortsnamen und bedeutende Flurnamen, aus denen Gemeinde- und Ortschaftsnamen häufig abgeleitet werden. |
Eine Rückänderung der Schreibweise von geografischen Namen entspricht grundsätzlich einer Änderung der Schreibweise und darf gemäss Art. 3 Abs. 1 GeoNV nur aus einem öffentlichen Interesse erfolgen.
- Als öffentliches Interesse kann z.B. geltend gemacht werden, dass veränderte Schreibweisen von geografischen Namen nicht auf allgemeine Akzeptanz stossen, nicht einfach schreib- und lesbar sind und dass durch rasche Rückänderungen hohe Anpassungsarbeiten vermieden werden können.
- Ohne aktive Anpassungen von Ortstafeln, Strassenbezeichnungen usw. können sich neue Schreibweisen kaum durchsetzen und es existieren für bestimmte Örtlichkeit jahrzehntelang unterschiedliche Schreibweisen mit entsprechende Unsicherheiten und Ärger bei den Benutzern. Umgekehrt ist kaum jemand bereit, noch gut erhaltene Ortstafeln und Wegweiser zu ersetzen, nur um diese wegen geänderter Schreibweise auszutauschen, insbesondere wenn es sich um unliebsame Schreibweisen handelt.
- Sind keine plausiblen und nachvollziehbaren Gründe für die Änderungen von Orts- und Lokalnamen vorhanden, so werden sich neue Schreibweisen im Gebrauch nicht durchsetzen und rasche Rückänderungen müssen in Kauf genommen werden.
Wie können Rückänderungen künftig vermieden werden?
- Änderungen nur vornehmen, falls ein wirklich ausgewiesenes öffentliches Interesse vorhanden ist und gewährleistet ist, dass veränderte Schreibweisen von geografischen Namen auf allgemeine Akzeptanz stossen.
- Befolgung der übrigen Grundsätze Art. 4 der Verordnung über geografische Namen (vgl. hier)
Beispiele von Rückänderungen
Kanton Zürich
1955 Veränderte Schreibweisen auf der neuen Landeskarte
Im Kanton Zürich wurden ca. 1955 diverse Namen gemäss Weisungen 1948 von der Siegfriedkarte in die mundartliche Form auf der neuen Landeskarte übertragen. Dank der moderaten Mundartschreibweise hat der Kanton Zürich mit Weisungen 1948 grundsätzlich gute Erfahrungen gemacht. Abgesehen von relativ wenigen Siedlungsnamen und Flurnamen mit grosser Bedeutung, haben sich die Namen meisten Namen eingebürgert (z.B. Büelen, Hus, Wise usw.). Durchgesetzt haben sich generell Mundartschreibweisen, welche sich möglichst gut an die traditionellen, vor allem schriftsprachlichen ausgerichteten Schreibweisen anlehnen so z.B. Moos und Rohr (nicht Mos und Ror). Man hat sich z.T. daran gewöhnt, dass in mundartlichen Namen Wis und nicht Wies geschrieben wird. Trotzdem tauchen immer wieder Fragen auf, wenn z.B. Namen von geringer Bedeutung durch eine Überbauung, ein Stationsname usw. hohe Bedeutung erlangen und man dann rechtfertigen muss, dass z.B. ein Nider ohne ie geschrieben wird.
Da im Kanton Zürich das stumme -n (welches traditionell in ca. 40% aller geografischen Namen existiert) beibehalten wurde, mussten beutend weniger Namen geändert werden und viele Strassenbezeichnungen und Stationsnamen stimmen im Kanton Zürich mit den entsprechenden Lokalnamen überein (Details vgl. hier.)
1962 - 1974 Rückänderungen veränderter Schreibweisen von 1955
Pfaffhausen in der Siegfriedkarte ca. 1880 - 1955 | Pfaffhusen in der Landekarte ca. 1955 - 1974 | Pfaffhausen in der heutigen Landeskarte |
Bei einer relativ kleinen Anzahl Siedlungs- und Flurnamen von grosser Bedeutung mussten im Kanton Zürich ca. 1962-1974 Rückänderungen vorgenommen werden, da diese Namen nicht auf allgemeine Akzeptanz stiessen und im allgemeinen Gebrauch in der ursprünglichen Form erhalten blieben. Diese Rückänderungen hätten vermieden werden können, wenn gemäss Weisungen 1948 wirklich nur Namen von geringer, lokaler Bedeutung in mundartnahe Form geändert worden wären.
Beispiele von Rückänderungen von Orts- und Lokalnamen im Kanton Zürich ca. 1962 - 1974 vgl. hier
Kanton Thurgau
1957 Veränderte Schreibweisen auf der Landeskarte
Für die neue Landeskarte wurden im Kanton Thurgau ca. 1957 diverse bisherigen Schreibweisen aus der Siegfriedkarte gemäss Weisungen 1948 moderat verändert, so z.B. Rothbühl in Rotbüel, Holzhäusern in Holzhüseren. Die meisten Schreibweisen dieser Namen sind bis 1992 auf der Landeskarte konstant geblieben (weitere Infos vgl. hier.)
2004 Einzelne Rückänderungen von aus dem Namenbuch übernommenen Schreibweisen
Während 1962-1974 im Kanton Zürich einzelne Namen Richtung traditionelle herkömmliche Schreibweise zurückgeändert worden sind, wurden im Kanton Thurgau ab 1990 sehr viele Namen gemäss Thurgauer Namenbuch in mundartgetreue Schreibweisen geändert. Es handelt sich bei den allermeisten Namen nicht um Rückänderungen zu historischen Schreibweisen, sondern um neue Schreibkreationen.
In der Landeskarte 1998 wurden die meisten Namen aus dem Thurgauer Namenbuch übernommen. Bereits 2004 wurden aber in der Landeskarte einige durch das Thurgauer Namenbuch entstandene Namen zurückgeändert. Beispiele:
- Bänikon - Bänike - Bänikon Karte
- Battlehausen - Battlehuuse - Battlehausen Karte
- Eckartshausen - Eggertshuuse - Eckartshausen Karte
- Eutenberg - Eutebärg - Eutenberg Karte
- Heimenhofen - Heimehofe - Heimenhofen Karte
- Hünikon - Hüünike - Hünikon Karte (Kleinmassstäbliche Karte noch nicht rückmutiert)
- Kaltenbrunnen - Chaltebrune - Kaltenbrunnen Karte
- Gloten - Gloote - Gloten Karte
- Häuslenen - Hüüslene - Häuslenen Karte
- Holzhäusern - Holzhüüsere - Holzhäusern Karte
- Lenzenhaus - Länzehuus - Lenzenhaus Karte
- Leutmerken - Lütmärke - Leutmerken Karte
- Rosental - Roosetaal - Rosental Karte (in der Karte 1:200'000 noch nicht mutiert)
- Wolfikon - Wolfike - Wolfikon Karte
- Stachen - Stache - Stachen Karte
- Steineloh - Steiniloo - Steineloh Karte
2010 Planung weiterer Rückänderungen gemäss Vorschlägen einer Arbeitsgruppe
Allgemeines
Das Departement für Inneres und Volkswirtschaft hat auf Grund der grossen Opposition aus dem ganzen Kanton eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche den beachtenswerten Bericht Orts- und Flurnamen vom 23. März 2010 mit folgendem Inhalt verfasst hat:
- 1 Ausgangslage
- 2 Einsetzung einer Arbeitsgruppe
- 3 Rechtliche Grundlagen
- 4 Umsetzung auf kantonaler Ebene
- 5 Erwägungen für das weitere Vorgehen
- 6 Empfehlungen der Arbeitsgruppe
- Pressemitteilung Aus «Roopel» soll wieder «Rotbühl» werden vom 28. Mai 2010 vgl. hier
- Medienberichte Aus «Roopel» soll wieder «Rotbühl» werden vgl. hier
- Änderungen der geografischen Namen im Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis des Kanton TG mit Link auf die Karte vgl. hier
Entscheid Chef Departement für Inneres und Volkswirtschaft
Auszug aus «28. Mai 2010, Mitteilung des Departementes für Inneres und Volkswirtschaft»
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Weiteres Vorgehen
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Erkenntnisse der Arbeitsgruppe
Die Arbeitsgruppe hält in ihrem Bericht unter Anderem fest (Zusammenfassung):
- Die Mundartschreibweise im Kanton Thurgau weicht wesentlich von den Weisungen 1948 ab.
- Im Thurgau ist die Schreibweise von der Nomenklaturkommission konsequent zu Gunsten einer nicht nur mundartnahen, sondern sogar einer möglichst mundartgetreuen und lautmalerischen Schreibweise festgelegt worden. Diese Praxis stehe aber im Gegensatz zu den Signalen, die aus der Bevölkerung zu vernehmen seien. Die Arbeitsgruppe geht deshalb davon aus, dass die Bevölkerung in erster Linie an der Erhaltung der traditionellen und vertrauten Namen interessiert sei, ob diese nun mundartlich oder hochdeutsch geschrieben seien. Insofern traf die von der Nomenklaturkommission verfolgte Praxis wohl nicht die Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung. Problematisch ist es, wenn kleine Weiler und Einzelhöfe ohne wirklich erkennbaren Grund umbenannt werden. Solche Ortsnamen sind mit einem Heimatgefühl verbunden, das sich die Bevölkerung ohne wichtige Gründe nicht nehmen lassen will.' [http://www.lokalnamen.ch/#id_2010032343 (vgl. 4.3 Beurteilung der bisherigen Thurgauer Praxis) Anmerkung: vgl. auch Äusserungen von Ruedi Schwarzenbach bezüglich Bindung der Namen an die Bevölkerung
- Dieses Vorgehen entspricht im Übrigen weitgehend den neuen Vorgaben des Bundes, die erst im Januar 2010, als die Arbeitsgruppe ihren Auftrag schon fast erledigt hatte, bekannt geworden waren (Vorgaben des Bundes vgl. hier).
- Nur wenige Kantone haben so konsequent auf die Mundart gesetzt wie der Kanton Thurgau (vgl. 3.1 Rechtliche Grundlagen - Überblick)
Die von der Arbeitsgruppe aufgezählten Kantone, welche das nicht gesprochene -n schreiben, wenden nicht Schriftsprache, wie es der Anschein macht, sondern eine an die traditionelle Schreibweise angepasste Mundart an (vgl. hier). Die Arbeitsgruppe stellt fest, dass die Schreibung der Orts- und Flurnamen in der Schweiz z.T. unterschiedlich ist. Nach Ansicht der Benutzerorganisationen ist dieser Umstand nicht darauf zurück zu führen, dass die Weisungen 1948 zu veraltet und zu offenen gehalten sind, sondern dass diese nicht immer angewandt wurden, da Seitens der Namenforschung z.T. ein Mundartschreibweise bevorzugt wurde, welche sich mehr an der Lautnähe anstelle des traditionellen Schriftbildes orientiert.
Bundesratsbeschluss vom 22.2.1938
Bundesratsbeschluss vom 22. Februar 1938 vgl. hier
Die Arbeitsgruppe ist gestützt von die Antwort des Regierungsrates vom 3.8.2009 auf die Anfrage vom Kantonsrat Thomas Merz von folgender Aussage des Bundesrates ausgegangen:
Vor dem Hintergrund des einleitend bereits geschilderten Sprachenstreits in den 1930er Jahren beschloss der Bundesrat am 22. Februar 1938, dass die Lokalnamen auf der geplanten Landeskarte der Schweiz mundartnah geschrieben werden sollten (vgl. 3 Rechtliche Grundlagen, Überblick). |
Diese Aussage ist jedoch falsch wie man einfach feststellen kann, wenn man der Bundesratsbeschluss liest (vgl. hier.)
Der Bundesrat selber hat von den Kantonen nie eine mundartnahe Schreibweise für Orts- und Flurnamen verlangt, sondern die Weisungen 1948 haben im Rahmen von gewissen Schranken eine moderate, möglichst an das traditionelle Schriftbild anlehnende Schreibweise für Namen mit geringer, lokalen Bedeutung vorgegeben (vgl. hier.) Diese Schreibweise wurde zwischen 1957 und 1992 im Kanton Thurgau auch auf der Landeskarte angewendet. Es bestand aus Sicht der Benutzer kein Handlungsbedarf, 1998 die Landeskarten zu revidieren.
Der Bundesrat erkannte im BRB 22.2.1938 die Problematik, wenn Siedlungsnamen mundartlich geschrieben werden und verlangte gemäss Art. 5 und 7 im Bundesratsbeschluss vom 22. Februar 1938: Namen von bewohnten Orten (Siedlungsnamen), welche im Gebrauch der Bundesverwaltung stehen, sind dem Bund zu Vernehmlassung vorzulegen.
Es ist daher paradox, dass der Bundesratsbeschluss vom 22. Februar 1938 als Ursache für die Probleme der Orts- und Flurnamen im Kanton Thurgau, insbesondere der veränderten Siedlungsnamen genannt wird. Dabei spricht sich der Bundesrat in seinem Beschluss in keinem Wort über die Mundartschreibung aus, hält im Gegenteil an den generellen Schreibregeln der Instruktion von 1937 über Erstellung neuer Landeskarten fest und beschliesst, dass die Schreibweise der Namen von bewohnten Orten (Siedlungsnamen), die im Gebrauch der Bundesveraltung stehen, dem Bund zur Vernehmlassung vorzulegen sind.
Kommentar der Thurgauerzeitung
Kommentar der Thurgauerzeitung vom 29.5.2010:
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Hintergrund
Problematik der Mundart in Orts- und Lokalnamen
- Praktisch alle Rückänderungen der Schreibweise von geografischen Namen gehen auf die Problematik der Mundartschreibweise zurück.
- 1916 begann der Kanton Zürich mundartlich zu schreiben Vgl. hier.
- Der Bund stellte sich gegen diese generelle Mundartschreibung und liess nur Mundart zu, wo nur die mundartliche Form existierte gemäss der am 9.1.1937 erlassenen Instruktion für die Erstellung neuer Landeskarten:
- Ortsnamen, welche ohne weiteres in der Schriftsprache, als die allgemein gültige Verkehrssprache übertragen werden können und an Ort und Stelle in dieser Schreibweise gebraucht werden, bekannt und verständlich sind, sind in der Schriftsprache wiederzugeben.
- Ortsnamen, welche dagegen nur im landläufigen Dialekt existieren und nur in dieser Form bekannt und verständlich sind, müssen in Dialektform geschrieben werden».
Weisungen 1948
- Die vom Justiz- und Polizeidepartement erlassenen Vorschriften Weisungen 1948 regeln grundsätzlich 2 Fragen:
- Wann soll mundartlich geschrieben werden?
- Wie soll mundartlich geschrieben werden?
Wann soll mundartlich geschrieben werden?
Mundartlich geschrieben soll in der deutschsprachigen Schweiz
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Wie soll mundartlich geschrieben werden?
- Gemäss Art. 7 Weisungen 1948 soll Mundart in Anlehnung an die ortsübliche Aussprache geschrieben werden. Soll dabei eine
- eine mundarttreue, phonetische
- oder nur eine moderate, mundartnahe Schreibweise verwendet werden?
Weisungen 1948 verlangen nicht irgendeine Schreibung in Anlehnung an die ortsübliche Aussprache, sondern eine Schreibung in Anlehnung an ortsübliche Aussprache nach den im Anhang zu diesen Weisungen enthaltenen Grundsätzen und Schreibregeln.
Es wird generell eine moderate Mundart gefordert. Z.B. folgende Grundsätze und Schreibregeln verlangen sinnvollerweise eine Anlehnung an das traditionelle, schriftsprachlich ausgerichtete Schriftbild:
Grundsätze Anhang Weisungen 1948 |
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Schreibregeln Anhang Weisungen 1948 |
Die Weisungen 1948 als heute gültige Regeln zur Schreibweise von Orts- und Lokalnamen in der deutschsprachigen Schweiz erfüllen die Grundsätzen Art. 4 der Verordnung über geografische Namen (GeoNV). Die Ursache für unterschiedliche Handhabungen in einzelnen Kantonen sind nach Auffassung der Benutzerorganisationen weniger auf mangelnde Regelung der Weisungen 1948 zurückzuführen, sondern darauf, dass gewisse Nomenklaturkommissionen partiellen Interessen der Namenforschung (thematischen Fachebene) mehr Gewicht eingeräumt haben als den berechtigen Interessen der Allgemeinheit (Orientierung und Verständigung) und dabei die Schranken der Weisungen 1948 zum Teil massiv überschritten hatten. Dazu gehört, dass in Kauf genommen wurde, dass
- mehr Namen mundartlich geschrieben wurden, als Weisungen 1948 zulassen (Überdehnung des Begriffes «geringe, lokale Bedeutung»)
- resp. in einzelnen Kantonen die Schreibung in Anlehnung an die ortsübliche Aussprache nicht gemäss Anhang 7 erfolgt ist, sondern nach neuen, vom Anhang 7 der Weisungen 1948 abweichenden Grundsätzen und Schreibregeln.
Argumentation Mundart und Kulturgut
- Orts- und Flurnamen sind ein unbestritten wichtiges Kulturgut. Das Kulturgut der Namen ist jedoch nicht von der Schreibweise abhängig. Kulturhistorisch wichtige und bedeutende Namen werden generell eher in der herkömmlichen, an die Schriftsprache ausgerichtete Schreibung ausgerichtet, während vor allem Flurnamen mit geringer Bedeutung mundartlich geschrieben werden. Zur Dokumentation der Bedeutung und Herkunft der Orts- und Flurnamen dienen heute Namenbücher, welche sich einer allgemeinen Beliebtheit erfreuen.
- Auch die Mundart stellt ein wichtiges Kulturgut dar. Zur Erhaltung der Mundart existieren geeignetere Mittel als Orts- und Flurnamen in möglichst extremmundartliche Schreibweisen zu ändern. Neben Orts- und Flurnamen existiert ein weit aus grösserer Mundartwortschatz im Bereich von Gattungswörter, vgl. dazu z.B. das Schweizerdeutsches Wörterbuch Idiotikon und das Zürcherdeutsche Wörterbuch von Heinz Gallmann. In letztgenannten Wörterbuch werden auch Ortsnamen im Kanton Zürich lautgetreu geschrieben, ähnlich wie die Schreibweise der Ortsnamen im Kanton Thurgau. Gegen solche Schreibweisen ist nicht einzuwenden, sie eignen sich aber nicht für Orts- und Flurnamen auf amtlichen Karten und Plänen. Wird aus Sicht der Namenforschung eine Schreibung analog der Schreibweise in einem Mundartwörterbuch bevorzugt, drängt sich die Erstellung einer Spezialkarte auf, wie dies heute ohne weiteres als eigenständige Informationsebene realisiert werden könnte.
Vergleich Änderungen resp. Rückänderungn zwischen Kanton Zürich und Kanton Thurgau
Bei Änderungen der traditionellen Schreibweisen von der Siegfriedkarte in die neue Landeskarte mit mundartlichen im Kanton Zürich mit "konsequenter Befolgung der Weisungen 1948" betrug die Änderungsrate ca. 10%, während die Änderungsrate im Kanton Thurgau mit "konsequenter Mundart" ca. 60-70% betrug. Dieser Vergleich zeigt, dass eine Schreibweise mit "konsequenter Befolgung der Weisungen 1948" sich weit weniger von der heute von der Bevölkerung geschätzten traditionellen Schreibweise abweicht als bei der Schreibweise mit Befolgung "konsequenter Mundart" wie im Kanton Thurgau. Entsprechend weniger Rückänderungen fanden im Kanton Zürich statt als dies nun im Kanton Thurgau zu erwarten ist.
Je weniger geografische Namen resp. je weniger traditionelle, eher schriftsprachlich ausgerichtete Schreibweisen geändert und je mehr Weisungen 1948 konsequent angewendet werden, mit desto weniger Rückänderungen und Unsicherheiten ist zu rechnen und desto mehr kann sich die Bevölkerung an Orts- und Flurnamen als bedeutendes Kulturgut als ein Stück Heimat freuen.
Siehe auch
- Änderungen der geografischen Namen im Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis des Kanton TG mit Link auf die Karte
- Geografische Namen in historischen Karten mit Beispielen aus dem Kanton Thurgau
- Wellenberg oder Welebärg?
- Eduard Imhof
- Mundart in Orts- und Lokalnamen