Standardsprache und Dialekt: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Schriftprinzip'''
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=== Schriftprinzip ===
 
 
 
ist geeignet für pragmatische Schreibweisen (z.B. für Mundarttexte, Kinderbücher usw.)
 
ist geeignet für pragmatische Schreibweisen (z.B. für Mundarttexte, Kinderbücher usw.)
 
Der Ansatz, sich soweit als möglich an das standarddeutsche Schriftbild anzupassen ist der ältere (zum Beispiel bei Rudolf von Tavel, Simon Gfeller, Otto von Greyerz, Carl Albert Loosli), und ist vermutlich auch heute noch der üblichste.
 
Der Ansatz, sich soweit als möglich an das standarddeutsche Schriftbild anzupassen ist der ältere (zum Beispiel bei Rudolf von Tavel, Simon Gfeller, Otto von Greyerz, Carl Albert Loosli), und ist vermutlich auch heute noch der üblichste.
  
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==== Trudi Christen ====
 
Zitat Trudi Christen, begeisterte Leserin von Mundartliteratur,[http://sprachkreis-deutsch.ch/files/mitteilungen/INHALT_20001.PDF#search='begeisterte'  aus Artikel «Äuä» Seite 11 in Rückblick und Ausblick – Die Bubenberg-Gesellschaft 1999, 2000:]'''''Unser Wunsch wäre Dialekt geschrieben in Anlehnung an das Schriftbild der hochdeutschen Schriftsprache. Ein leserfreundlicher Druck! Den Lesern und dem Dialekt zuliebe!'''''
 
Zitat Trudi Christen, begeisterte Leserin von Mundartliteratur,[http://sprachkreis-deutsch.ch/files/mitteilungen/INHALT_20001.PDF#search='begeisterte'  aus Artikel «Äuä» Seite 11 in Rückblick und Ausblick – Die Bubenberg-Gesellschaft 1999, 2000:]'''''Unser Wunsch wäre Dialekt geschrieben in Anlehnung an das Schriftbild der hochdeutschen Schriftsprache. Ein leserfreundlicher Druck! Den Lesern und dem Dialekt zuliebe!'''''
  
  
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==== Martin Reck ====
 
Auch Martin Reck hält in [http://www.reck.ch/files/Diplomarbeit.pdf#search='SchreiberInnen' Sprachstrukturelle Unterschiede zwischen dem Stadt-Berndeutsch und der Deutschen Standardsprache] im Kap. 2 «Zur Schreibung der berndeutschen Laute im Vergleich zu den schriftdeutschen» (Seite 8) fest:
 
Auch Martin Reck hält in [http://www.reck.ch/files/Diplomarbeit.pdf#search='SchreiberInnen' Sprachstrukturelle Unterschiede zwischen dem Stadt-Berndeutsch und der Deutschen Standardsprache] im Kap. 2 «Zur Schreibung der berndeutschen Laute im Vergleich zu den schriftdeutschen» (Seite 8) fest:
  
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''Dennoch darf allgemein festgestellt werden, dass sich die meisten Mundart schreibenden Personen '''an der deutschen Schriftsprache orientieren, um so auch den höchstmöglichen Verständlichkeitsgrad zu erreichen, wodurch allerdings öfters auch ganz eigenartige, ungewollt lustig wirkende Stilblüten hervorgebracht werden. So ist und bleibt die gute Lesbarkeit die Maxime aller Dialekt Schreibenden, die nicht nur sich selbst und allenfalls einige wenige Eingeweihte erreichen wollen.'''''
 
''Dennoch darf allgemein festgestellt werden, dass sich die meisten Mundart schreibenden Personen '''an der deutschen Schriftsprache orientieren, um so auch den höchstmöglichen Verständlichkeitsgrad zu erreichen, wodurch allerdings öfters auch ganz eigenartige, ungewollt lustig wirkende Stilblüten hervorgebracht werden. So ist und bleibt die gute Lesbarkeit die Maxime aller Dialekt Schreibenden, die nicht nur sich selbst und allenfalls einige wenige Eingeweihte erreichen wollen.'''''
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==== Werner Marti ====
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'''Bärndütschi Schrybwys''' Kurze Anleitung zum Aufschreiben in schweizerdeutscher, besonders bernischer Mundart Von Werner Marti [http://www.zeitschriftschweizerdeutsch.ch/img/files/SchweizerDeutsch%2009_1%20Web.pdf in Zeitschrift SchweizerDeutsch 1/09]
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''Die folgende Anleitung versucht zur besseren Lesbarkeit das gewohnte Schriftbild der Standardsprache mit einer lautlich gemässen Wiedergabe der Mundart zu verbinden, wobei die Hinweise ebenfalls Elemente der Dieth’schen Dialäktschrift (1938) einbauen. So können auch die Leser, die nur gelegentlich mundartlichen Texten begegnen, und besonders solche französischer Zunge oder Mundartfreunde aus andern Mundart-Regionen die Texte flüssig lesen und deshalb besser verstehen. Wenn die hochdeutsche Schreibung mit der mundartlichen Lautung übereinstimmt, dient sie als Grundlage, andernfalls versucht unsere Bärndütschi Schrybwys mit den Buchstaben, die als Zeichen für deutsche Laute stehen, eine eigene Lösung zu finden ''
  
  
 
[http://als.wikipedia.org/wiki/Rechtschreibung#Orientierig_am_Schriftd.C3.BCtsche Vgl. auch entsprechendes Kapitel im alemannischen Wikipedia]
 
[http://als.wikipedia.org/wiki/Rechtschreibung#Orientierig_am_Schriftd.C3.BCtsche Vgl. auch entsprechendes Kapitel im alemannischen Wikipedia]
 
  
'''Lautprinzip'''
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=== Lautprinzip ===
  
 
ist geeignet für wissenschaftliche Aufzeichnungen, wie auch in Wörterbüchern (wegen der Lesbarkeit wird aber jedoch z.B. Dieth auch in Wörterbücher nicht konsequent angewendet, etwa im neuen Soorser Wöörterbüechli)
 
ist geeignet für wissenschaftliche Aufzeichnungen, wie auch in Wörterbüchern (wegen der Lesbarkeit wird aber jedoch z.B. Dieth auch in Wörterbücher nicht konsequent angewendet, etwa im neuen Soorser Wöörterbüechli)

Version vom 20. Juni 2010, 09:35 Uhr

Zurück zu den Weblinks Orts- und Lokalnamen


Rosenberg oder Rosebärg


Details zur Abbildung Rosenberg resp. Rosebärg

Es geht auf dieser Seite um Dialektschreibweise von Orts- und Lokalnamen in der Deutschsprachigen Schweiz aus Sicht der Benutzer. Hintergrund wie Mundart Eingang in Orts- und Lokalnamen in der deutschprachigen Schweiz fand vgl. hier


Allgemeines

In der Schweiz werden für Hochdeutsch und Mundart folgende Begriffe gleichbedeutend verwendet:


In den Dufour- und Sigfriedkarten des 19. Jh. wurden Orts- und Lokalnamen vorwiegend in der damaligen Standardsprache geschrieben. Probleme gab es, wenn keine entsprechenden Ausdrücke in Standardsprache existierten. Daher hat man entweder

  • Namen in der Mundart geschrieben z.B. «Ennetbaden»
  • oder Namen verhochdeutscht wie z.B. «Scheur»

In der Schweiz ist es unvermeidlich, dass standardsprachlich und mundartlich geschriebene Orts- und Lokalnamen auf Karten und Plänen nebeneinander existieren müssen.

Die traditionelle Schreibweise der Orts- und Lokalnamen bis 1948 lehnte sich stark an die Standardsprache an. Anstelle Anlehunung an die Standardsprache wird auch von traditioneller, herkömmlicher Schreibweise gesprochen.

Nach 1948 wurden Namen mit geringer, lokaler Bedetung in Anlehnung an die Mundart geschrieben mit Anlehnung an das Schriftbild der Standardsprache.


Anforderungen der Verordnung über geogafische Namen (GeoNV) an die Schreibweise von Orts- und Lokalnamen vgl. hier


Im Folgenden werden die beiden Fragen behandelt:

  • Wann sollen Orts- und Lokalnamen traditionel in Anlehnung an Standardsprache, wann in Anlehnung an Dialekt (mit teilweiser Anlehnung an das Schriftbild der Standardsprache) geschrieben werden?
  • und in den weiteren Kapiteln: Wie sollen Orts- und Lokalnamen in Anlehnung an Dialekt geschrieben werden?


Wann soll in Anlehnung an Standardsprache, wann in Anlehnung an Dialekt geschrieben werden?

Bestimmungen in Weisungen 1948

Belassung in der amtlichen Schreibweise

Art. 4 Für die Schreibung der Namen von Städte, Dörfer, Weiler, Häusergruppen und einzelne Häuser, die auch in der Bundesverwaltung im Gebrauch stehen, ist das Ortsverzeichnis des amtlichen Kursbuches (Post- und Eisenbahnausgabe) massgebend.


Anmerkung: Die Schreibung von in der Bundesverwaltung im Gebrauch stehenden Namen, welche nicht im amtlichen Kursbuch aufgeführt sind, bleibt offen. Es ist aber davon auszugehen, dass auch hier Rücksicht auf bestehene Register und Verzeichnisse genommen werden muss und dass die Bundesverwaltung auf die gesamte öffentliche Verwaltung auszudehnen ist.


Belassung in herkömmlichen, allgemein üblicher Schreibweise

Art. 5 Namen, denen infolge ihrer geographischen, historischen oder literarischen Bedeutung ein allgemeines Interesse zukommt, und solche, an welchen mehrere Kantone beteiligt sind (Bergketten, wichtigere Berge, Flüsse, Seen, Gletscher, Täler, Landschaften, Alpenpässe, Bergübergänge), sind zur Vermeidung von Missverständnissen nach Möglichkeit in der herkömmlichen, allgemein üblichen Schreibweise zu belassen.


Schriftsprache (Standardsprache)

Art. 6 Es sind in der Schriftsprache zu schreiben:

  • die Bezeichnungen öffentlicher und privater Bauwerke und Betriebe, insbesondere wenn sie noch ihrem ursprünglichen Zweck dienen, wie: Rathaus, Schulhaus, Kirche, Kapelle, Kloster, Spital, Armenhaus, Friedhof, Mühle, Sägerei, Bergwerk, Steinbruch, Schiessplatz, Seilbahn, Brücke (Hohe Brücke, Teufelsbrücke), Kreuzstrasse, Spinnerei, Wasserwerk, Lehmgrube, Kiesgrube usw.
  • die Sachbezeichnungen im Liegenschaftsverzeichnis Wohnhaus, Ökonomiegebäude, Garten, Wiese, Acker, Reben, Weide, Wald usw.


Schreibweise in Anlehnung an ortsübliche Aussprache (Dialekt)

Art. 7 Die Schreibung der Namen von geringer, lokaler Bedeutung, für die nach Artikel 4 und 5 keine besondere Regelung vorgesehen ist, erfolgt in Anlehnung an die ortsübliche Aussprache nach den im Anhang zu diesen Weisungen enthaltenen Grundsätzen und Schreibregeln.

Schema Weisungen 1948


In der Vergangenheit wurde der Spielraum zum Teil zu fest Richtung Art. 7 ausgenutzt vgl. dazu auch Presseartikel Pfannenstiel oder Pfannenstil. Als Hauptgrundsatz sollte jedoch beachtet werden, dass Orts- und Lokalnamen nur im öffentlichen Interesse geändert werden sollten. Auch wenn nun bestehende Orts- und Lokalnamen obigen Grundsätzen nicht entsprechen, sollten sie so belassen werden wie sie sind (ausser für die Bereinigung für die vertikale Harmonie)


Im «Bund» wurde 1965 im Artikel «Mundart am falschen Ort» die Schreibweise von «Chünizbergwald» kritisiert. In der Ausgabe der Landeskarte 1978 findet sich wieder die ursprüngliche Schreibweise «Könizbergwald». Artikel 7 der Weisungen darf hier nicht angewendet werden, da es sich nicht um einen Namen nur von geringen und lokalen Bedeutung handelt (ähnlich wie «Pfannenstiel» anstelle von «Pfannenstil» in Meilen).

Vgl. auch Orts- und Lokalnamen im Kanton Nidwalden, wo grundsätzlich nach Weisungen 1948 geschrieben wird, wa man die Mundartschreibung im Namenbuch jedoch nicht nur auf Namen mit geringer, lokalen Bedeutung beschränkt hat.


Je mehr in Dialekt geschriebene Orts- und Lokalnamen sich an das Schriftbild der Standardsprache anlehnen (gemässigte Mundartschreibweise), desto besser passen sie zum Schriftbild der herkömmlich geschriebenen Orts- und Lokalnamen und desto weniger spielt es eine Rolle, wann in Anlehnung an Standardsprache und wann in Anlehnung an Dialekt geschrieben wird.


Anmerkung: Es ist interessant festzustellen, dass in den Weisungen 1948 vier verschiedene Arten von Schreibweisen definiert sind:

  • amtliche Schreibweise (Art. 4, amtlich fixiert, dürfte auch für Namen gelten, welche in die amtliche Vermessung aufgenommen worden sind)
  • herkömmliche, allgemeingültige Schreibweise (Art. 5, Schreibweise z.B. in der Siegfriedkarte). Es wird nicht von Schriftsprache gesprochen, da auch mundartliche Schreibweisen dazgehören, z.B. Brugg, Kilchberg usw.
  • Schriftdeutsch (Art. 6, für Objektbezeichnungen, z.B. im Duden aufgeführt)
  • Dialekt (Art. 7, schwierig zu notieren, daher spezielle Regeln)


Gesprochene und geschriebene Sprache

  • Bei der Schreibung der gesprochenen Standardsprache ist eine Normalisierung notwendig.
  • Dies gilt auch für die Schreibung der gesprochenen Mundart.

Normalisierung geografischer Mundartnamen vgl. hier



Weitere Links zu dieser Thematik


Schrift- und Lautprinzip bei Dialektschreibweise

In der Schweiz existiert keine standardisierte Schreibweise für Dialekt. Es kann grundsätzlich zwischen Schrift- und Lautprinzip unterschieden werden:


Schriftprinzip

ist geeignet für pragmatische Schreibweisen (z.B. für Mundarttexte, Kinderbücher usw.) Der Ansatz, sich soweit als möglich an das standarddeutsche Schriftbild anzupassen ist der ältere (zum Beispiel bei Rudolf von Tavel, Simon Gfeller, Otto von Greyerz, Carl Albert Loosli), und ist vermutlich auch heute noch der üblichste.


Trudi Christen

Zitat Trudi Christen, begeisterte Leserin von Mundartliteratur,aus Artikel «Äuä» Seite 11 in Rückblick und Ausblick – Die Bubenberg-Gesellschaft 1999, 2000:Unser Wunsch wäre Dialekt geschrieben in Anlehnung an das Schriftbild der hochdeutschen Schriftsprache. Ein leserfreundlicher Druck! Den Lesern und dem Dialekt zuliebe!


Martin Reck

Auch Martin Reck hält in Sprachstrukturelle Unterschiede zwischen dem Stadt-Berndeutsch und der Deutschen Standardsprache im Kap. 2 «Zur Schreibung der berndeutschen Laute im Vergleich zu den schriftdeutschen» (Seite 8) fest:

Die SchreiberInnen von Mundarttexten halten sich nicht an Normen und schreiben zunächst, wie sie es gerade für richtig halten. So hat denn jede/jeder MundartschriftstellerIn nicht nur ihre/seine eigene Sprache, sondern auch ihre/seine eigene Orthographie; denn es macht sich fast niemand die Mühe eines der für die einzelnen Idiome mehr oder weniger einheitlichen Bücher zu diesem Thema zu lesen, bevor sie oder er zu schreiben beginnt.

Dennoch darf allgemein festgestellt werden, dass sich die meisten Mundart schreibenden Personen an der deutschen Schriftsprache orientieren, um so auch den höchstmöglichen Verständlichkeitsgrad zu erreichen, wodurch allerdings öfters auch ganz eigenartige, ungewollt lustig wirkende Stilblüten hervorgebracht werden. So ist und bleibt die gute Lesbarkeit die Maxime aller Dialekt Schreibenden, die nicht nur sich selbst und allenfalls einige wenige Eingeweihte erreichen wollen.


Werner Marti

Bärndütschi Schrybwys Kurze Anleitung zum Aufschreiben in schweizerdeutscher, besonders bernischer Mundart Von Werner Marti in Zeitschrift SchweizerDeutsch 1/09

Die folgende Anleitung versucht zur besseren Lesbarkeit das gewohnte Schriftbild der Standardsprache mit einer lautlich gemässen Wiedergabe der Mundart zu verbinden, wobei die Hinweise ebenfalls Elemente der Dieth’schen Dialäktschrift (1938) einbauen. So können auch die Leser, die nur gelegentlich mundartlichen Texten begegnen, und besonders solche französischer Zunge oder Mundartfreunde aus andern Mundart-Regionen die Texte flüssig lesen und deshalb besser verstehen. Wenn die hochdeutsche Schreibung mit der mundartlichen Lautung übereinstimmt, dient sie als Grundlage, andernfalls versucht unsere Bärndütschi Schrybwys mit den Buchstaben, die als Zeichen für deutsche Laute stehen, eine eigene Lösung zu finden


Vgl. auch entsprechendes Kapitel im alemannischen Wikipedia


Lautprinzip

ist geeignet für wissenschaftliche Aufzeichnungen, wie auch in Wörterbüchern (wegen der Lesbarkeit wird aber jedoch z.B. Dieth auch in Wörterbücher nicht konsequent angewendet, etwa im neuen Soorser Wöörterbüechli)


Schrift- und Lautprinzip für die Schreibung von Dialekt


Vgl. auch entsprechendes Kapitel im alemannischen Wikipedia


Das «Warum» des Schriftbildes

Auch in der Standardsprache entspricht das Schriftbild nicht immer dem Lautbild. Näheres dazu gemäss folgenden beiden Quellen:


Leitfaden zur deutschen Rechtschreibung Schweizerische Bundeskanzlei

Kap. 1 Laute und Buchstaben (Seite 16)

  • Schüfe man ein Schriftsystem, das das Lautsystem hundertprozentig abbildet, so bedeutete das einen radikalen Bruch mit der Schreibtradition, mit gewohnten Schriftbildern. Keine Sprachgemeinschaft ertrüge das, denn von heute auf morgen könnte der grösste Teil der Bevölkerung kaum mehr lesen und richtig schreiben überhaupt nicht mehr.
  • Und es käme etwas anderes hinzu: Ein und dasselbe Wort, ein und derselbe Wortbestandteil würde je nach sprachlicher Umgebung anders geschrieben, weil es beziehungsweise er nämlich anders gesprochen wird; das ist uns gar nicht bewusst. Man müsste den Wortstamm lieb, wie es im Mittelalter der Fall war, am Anfang einer Silbe oder eines Wortes mit b (also lie-ben) und am Ende einer Silbe oder eines Wortes mit p schreiben (also liep). Das würde das Lesen, das heisst das lesende Wiedererkennen von Wörtern, massiv erschweren.
  • Um dies zu verhindern, gilt das Stammprinzip. Danach schreibt man den Stamm in Wörtern einer Wortfamilie immer gleich, unabhängig davon, wie er gesprochen wird. Also nummerieren wegen Nummer, substanziell wegen Substanz.


«Das Falschschreib-Spiel» von Vera F. Birkenbihl und Jan Müller

Zitate Seite 126

  • Während das Schreiben nach Gehör das genaue Hinhören schult, macht es uns gleichzeitig bewusst, dass sich unser Schriftbild nicht allein vom Klang erklären lässt. Die Wiedergabe des Klangs ist zwar die Grundidee alphabetischer Schriften, führt aber nicht zur der Rechtschreibung, die im schulischen und beruflichen Alltag gebraucht wird.
  • Damit Erwachsene Verständnis, Liebe und sogar Begeisterung für unser Schriftbild vermitteln können, müssen ihnen die Vorteile der Rechtschreibung gegenüber dem reinen Schreiben nach Gehör zunächst selber klar sein. Die Abweichungen des Schriftbilds vom reinen Klangbild lassen sich nämlich durch die Unterschiede zwischen Sprechen und Schreiben leicht erklären.
  • „Schreibe so, dass der Leser dich schnell versteht“.
  • Warum wir anders schreiben als wir sprechen:
    • Fragen wir einmal nach dem Hauptunterschied zwischen dem gesprochenen und dem geschriebenen Wort, dann ist die Antwort offensichtlich: DAS GESCHRIEBENE WORT IST STUMM. Meist begegnet es uns auch losgelöst vom Erzeuger, muss also für sich allein verständlich sein, ohne Betonung, Mimik und Gestik des Sprechers.
    • Das Schreiben nach Gehör leuchtet zwar auf Anhieb eher ein, ist aber auf Dauer schwerer zu lesen. Da Texte jedoch oft nur von einem geschrieben, aber von Millionen gelesen werden, ist der wichtigste Gesichtspunkt beim Schriftbild die LEICHTE LESBARKEIT.

Empfehlungen Eduard Imhof

Empfehlungen Eduard Imhof vgl. hier


Schreibung von Orts- und Lokalnamen in gemässigter Mundart

  • Begriffe (alle gleichwertig):
    • gemässigte, mundartliche (nicht extreme Mundart-) Schreibweise
    • mundartnahe (nicht lautnahe) Schreibweise
    • Schreibweise in Anlehnung an Mundart (nicht reine oder mundartgetreue Mundartschreibweise)
  • gemässigte Mundartschreibweise im Sinne der Weisungen 1948: allgemein vertraute, häufig vorkommende Namenwörter, die in gleicher Form auch schweizerdeutsch sind, werden in der Regel in der schriftsprachlichen Form belassen z.B. Berg, Feld, Weg, Grat (nicht Bärg, Fäld, Wäg, Grot)
  • Belassung des nicht gesprochenen -n
  • Weisungen 1948: Diese Regeln bilden notgedrungen einen Kompromiss zwischen schriftsprachlicher, traditioneller und mundartlicher Schreibung und kommen in manchen Einzelheiten mehr den praktischen Bedürfnissen und dem sprachlichen Taktgefühl entgegen als wissenschaftlicher Folgerichtigkeit und strengen Prinzipien.
  • Speziell ausgerichtet für eine leichte Les- und Schreibbarkeit von Orts- und Lokalnamen auf Karten und Plänen sowie für den schriftsprachlichen Verkehr vgl. Das «Warum» des Schriftbildes Schriftbildes
  • Beispiele:
    • Rebberg
    • Steinacher
    • Chirschbaummatte
    • Breitfeld


Vorteile des Konzeptes Weisungen 1948:

  • Die Weisungen 1948 entsprechen eher dem modernen Schriftprinzip. Sie erweisen sich daher als visionäre Schreibregeln aus dem Jahre 1948 für Orts- und Lokalnamen.
  • Die Anpassung von (mehrheitlich an die Standardsprache anlehnende) Schreibung Namen vor 1948 an die Schreibregeln Weisungen 1948 dürfte zu weit geringeren Änderungen führen, als wenn Namen gemäss Schreibregeln Weisungen 1948 an neue Schreibregeln mit grundsätzlichem Lautprinzip angepasst würden (vgl. Lokalnamen in der Stadt Chur)
  • Weniger Diskrepanzen, wenn Namen vor 1948 unverändert beibehalten werden (vgl. Lokalnamen in der Stadt Chur)
  • entspricht der bisherigen Schreibpraxis nach 1948 (ausser dort wo man leider davon abgewichen ist)
  • allgemeine Akzeptanz bei den Benutzter und der Öffentlichkeit
  • Auch Mundartnamen gemäss Weisungen 1948 lehnen sich relativ stark an die herkömmliche Schreibweise an. Eine Mischung zwischen herkömmlichen Namen mit Mundartnamen nach Weisungen 1948 ist daher weit weniger problematisch, als eine Mischung von herkömmlichen Namen mit Mundartnamen nach Lautprinzip (Harmonie zwischen Ortschaften, Weilern, Hofnamen und Flurnamen)
  • Verwendbarkeit für Namen von Strassen, Haltestellen, Siedlungsstatistik
  • Namen passen sich besser in die Umgebung der hochdeutschen Schreibweise als bei lautnaher Schreibweise
  • ...


Stellungnahmen zur Schreibweise von Orts- und Lokalnamen:

  • 1947 In der Stellungnahme der Schaffhauser zu den Entwürfen des Bundes für lautnahe Schreibweise von Orts- und Lokalnamen, verfasst vom späteren Regierungsrat Hermann Wanner, steht zu lesen: «Ohne Benützung phonetischer Zeichen wird es nie gelingen, der reichen Vielfalt der Mundart gerecht zu werden mit all den Vokalen, Umlauten, verschieden ausgesprochenen Konsonanten und auch der Betonung. So wird auch eine konsequente Mundartschreibung in den Karten in jeder Hinsicht unbefriedigend sein, weil es den einen zu weit geht und unverständlich bleibt und den Verfechtern der Mundartschreibung doch wieder nicht genügen kann»
  • 24. Mai 2006 Der Bundesrat teilt die Auffassung, wonach die Weisungen 1948 einen sinnvollen Kompromiss zwischen berechtigter Schrifttradition und reiner Lokalsprache darstellen. Der darin in Artikel 7 aufgestellte Grundsatz, Namen von geringer, lokaler Bedeutung seien in Anlehnung an die ortsübliche Aussprache zu schreiben, ist auch heute unbestritten.
  • 2006 Teilnehmer in blogwiese: «Solange es nicht genügend Vokale gibt, um die Aussprache der jeweiligen Orts- und Flurnamen überhaupt einigermassen korrekt darzustellen, hat es trotz aktueller Dialektomanie schlicht keinen Sinn, die «angeblich korrekte örtliche Form» im Dialekt schriftlich fixieren zu wollen. Ganz abgesehen von der Entscheidung, welche der überlieferten, veralteten, differierenden oder aktuellen Formen die offizielle sein soll. Lassens wir also wies ist»
  • 2007 Benutzer: «Während für Namenbücher wissenschaftliche, lautnahe Schreibweisen entsprechend dem Lautprinzip verwendet werden, ist für die Schreibweise auf Karten und Plänen eine pragmatische, gemässigte Schreibweise entsprechend Schriftprinzip möglichst in Anlehnung an das standarddeutsche Schriftbild gefragt und in den Weisungen 1948 auch so vorgesehen. Die bisherige Problematik entstand, da man in letzter Zeit vor allem im Kanton Thurgau und im Kanton Schaffhausen die Schreibweise für Namenbücher auch für die Schreibung auf Karten und Plänen verwenden wollte und die bisherige, pragmatische Schreibung verändert hat»



Vgl. dazu auch:

Schreibung von Orts- und Lokalnamen in lautnaher Mundart

  • Begriffe (alle gleichwertig):
    • lautnahe, mundartgetreue (nich nur mundartnahe) Schreibweise
    • reine Mundartschreibweise (nicht nur Anlehnung an Mundart)
    • extrem mundarliche (nicht gemässigte) Schreibweise
  • lautnahe Schreibweise im Sinne des Entwurfs Leitfaden Toponymie 2006: es wird empfohlen, Namen, deren zugrunde liegendes Wort in der Hoch- oder Standardsprache vorkommt (allgemein bekannte Namenwörter), wie alle übrigen Toponyme zu behandeln und nach der ortsüblichen Sprechform zu notieren. Also z.B. Bärg, Fäld, Stäg, Wäg, Zälg, Räge, Rein, Mei, Boum usw. (wo so gesprochen wird) und nicht – oder nur dort, wo dies die ortsübliche Sprechform ist – Berg, Feld, Steg, Weg, Zelg, Baum usw.
  • weglassen des nicht gesprochenen -n
  • Beispiele:
    • Räbbärg
    • Steiacher/Stäiacher/Staiacher
    • Chirschboummatte
    • Höje Stäg
    • Breitfäld


Negative Auswirkungen der lautnahen Mundartschreibweise

Auf Karten und Plänen erwartet man nicht lautnahe mundartliche Namen. Da Orts- und Lokalnamen vor allem im schriftsprachlichen Verkehr zwischen Behörden und Volk benutzt werden, können isolierte, lautnahe mundartliche Namen äusserst lächerlich und peinlich wirken. Sogar in der Mundartliteratur wird propagiert, eine Mundartschreibweise zu wählen möglichst in Anlehnung an das gewöhnte hochdeutsche Schriftbild. Mundartausdrücke können nur sehr mangelhaft mit unserem Alphabet wiedergegeben werden. Wir sind uns gewohnt, Schriftsprache zu lesen und automatisch korrekt in Mundart auszusprechen und umgekehrt Mundart zu hören und korrekt in Schriftsprache zu schreiben.

Zu berücksichtigen ist auch, dass Orts- und Lokalnamen nicht nur der einheimischen Bevölkerung dienen müssen, sondern einem internationalen Publikum. In Kanton Schaffhausen wurde ein «Hemmentalertal» in ein «Hämedalertaal» geändert. Es ist schlichtweg nicht vorstellbar, dass der Schiessplatz «Hemmentalertal» in Schiessplatz «Hämedalertaal» umbenannt würde. Auch die Flurnamenkarte von Schleitheim wirkt lächerlich. Es ist nicht verwunderlich, dass in blogwiese bei dieser Dialektomanie von einem Schildbürgerstreich, einer riesigen Arbeitsbeschaffung und Verschwendung von Steuergeldern gesprochen wird. Da extrem mundartliche Schreibweisen kaum Akzeptanz finden, ist künftig damit zu rechnen, dass mehrere Schreibformen existieren. Gefordert wird jedoch eine einzige, offizielle Schreibweise.

Zwitterformen

Zwitter = Mischung zwischen Standardsprache und Mundart

  • Zwitterform als Mischung zwischen Standardsprache und gemässigter Mundart: kaum störend, aber in der Schweiz nicht immer ganz vermeidbar
  • Zwitterform als Mischung zwischen Standardsprache und lautnaher Mundart: störend aber vermeidbar, wenn auf lautnahe Mundart verzichtet wird


Strassennamen sind grundsätzlich in enger Anlehnung an Standardsprache geschrieben

  • Standard: ...-strasse, ...-weg
  • zu vermeiden: ...-strass, ...-wäg


Lokalnamen lehnen sich sowohl an Mundart wie auch an Standardsprache an (Kompromiss der Weisungen 1948). Bei den Lokalnamen gilt bezüglich Zwitterformen ähnliches wie bei Strassennamen

  • Weisungen 1948 als Standard: ...-berg, ...-feld, usw.


Problematik Zwitterformen

  • Lösungsansatz Weisungen 1948
    • Zwitterformen sollen gemäss Weisungen 1948 möglichst vermieden werden --> Weisungen 1948 zwingen zur Schreibung einer gemässigten Mundart.
    • Vermeidung von Zwitterbildung durch Mässigung des Mundartteils
    • stummes -n beibehalten


Beibehaltung stummes -n

  • entspricht dem Schriftprinzip und der bisherigen Schrifttradition z.B. «Bärenboden».
  • der effektive Laut eines Lautes beim stummen -n, welcher zwischen einem "e" und einem "ä" liegt kann nicht direkt abgebildet werden, die Abbildung mir -en hat sich eingebürgert
  • Durch die Beibehaltung des -n wird das von der Standardsprache gewohnte und vertraute Schriftbild gewahrt.
  • Es wird z.B. in ca. 40% aller deutschsprachigen Gemeinde- und Ortschaftsnamen in der Schweiz geschrieben.
  • auch wenn dieses -n nicht gesprochen wird, besteht kein Grund, es zu tilgen.
  • Wo Orts- und Lokalnamen in Strassennamen auftauschen, wird die Schreibung des -n erwartet.
  • wo das -n traditionell nicht geschrieben wird (z.B. Teile des Kantons Bern), kann diese Schreibtradition durchaus belassen werden

Details zum stummen -n vgl. hier

  • In der Schweiz lassen sich gewisse Zwitterformen nie ganz vermeiden, unabhängig, welcher Lösungsansatz gewählt wird!
  • Die Regeln der Beibehaltung des –n und die konsequente Schreibung von immer -berg, -horn usw. bilden Grundsätzlich eine Einheit. Zusammen mit der Schreibweise anderer Namenselementen, möglichst an das Schriftbild der Standardsprache, wird eine recht gute Harmonie erreicht.
  • Eine der Ursachen für Zwitterbildungen ist nicht in den Weisungen 1948 selbst zu finden, sondern darin, dass die Weisungen 1948 nicht konsequent befolgt werden, indem nicht eine mundartnahe (gemäss Weisungen 1948), sondern eine mundarttreue Schreibweise (entgegen Weisungen 1948) angestrebt wird.
  • Das Problem kann durch Belassung der gemässigten Mundart wesentlich besser gelöst werden als durch Zulassung von lautnaher Mundart. Es werden damit mehr Probleme geschaffen als gelöst (abgesehen von den verheerenden Folgen eines Wechsels). Bei der Lösung mit mehr Mundart werden die Abgrenzungsprobleme zwischen an Standardsprache ausgerichteten Namen und Mundartnamen wesentlich verschärft und eine mit Weisungen 1948 ermöglichte Harmonie wird zerstört. Beispiel Lauenen:
    • Ortschaft: Lauenen
    • Tal: Lauenental
    • Flurname: Lauenen (gemäss Weisungen 1948); Lauene (entgegen Weisungen 1948)
    • See: Lauenensee (gemäss Weisungen 1948); Louwenesee (entgegen Weisungen 1948)
    • Horn: Lauenenhorn (gemäss Weisungen 1948); Lauenehore (entgegen Weisungen 1948)
  • Da Lokalnamen für die Bildung verschiedener abgeleiteter Namen (in Standardsprache) verwendet werden, sind dort die Zwitterformen störend, wenn Lokalnamen in extremer Mundart geschrieben werden.


  • Die Frage der Schreibweise von Orts- und Lokalnamen darf nicht nur innerhalb eines einzelnen Namens gesehen werden, sondern muss gesamtheitlich betrachtet werden! Das Nebeneinader von Namen von Ortschaften, Weilern, Höfen, Fluren, Gelände und Gewässer ist ebenso wichtig. Diese lehnen sich je nachdem ob sie lokal oder unbedeutend sind an die Mundart oder in den übrigen Fällen an die Standardsprache an.
  • Die Weisungen 1948 bestehen nicht aus einer Ansammlung einzelner Schreibregeln, sondern bilden ein durchdachtes und aufeinander abgestimmtes Gesamtregelwerk
  • Die Variante gemässigte Mundart gemäss Weisungen 1948 ergibt ein wesentlich besseres Gesamt Erscheinungsbild einer Karte oder eines Planes als gemäss Leitfaden Toponymie 2006 mit lautnaher Mundart!
  • Das Lautprinzip eignet sich für Orts- und Lokalnamen nicht, sonst müsste im Kanton Bern z.B. «-waud«» anstelle «-wald» geschrieben werden und es ist nahe liegend, das Schriftprinzip gemäss Eduard Imhof zu verwenden.

Über all diese Fragen kann lange diskutiert werden; massgebend ist, dass 1948 ein Entscheid gefällt wurde, welcher heute nicht umgestossen werden kann oder sonst verheerende Folgen hat.


Siehe auch


Weblinks