Nomenklaturkommission: Unterschied zwischen den Versionen

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In diesem Artikel wurde einerseits kritisiert, dass die damalige Nomenklaturkommission des Kantons Zürich auch Lokalnamen mit grosser Bedeutung mundartisiert haben und sich nicht nur auf Namen mit geringer, [[Lokalnamen_von_lokaler_Bedeutung|lokalen Bedeutung]] beschränkten:
 
In diesem Artikel wurde einerseits kritisiert, dass die damalige Nomenklaturkommission des Kantons Zürich auch Lokalnamen mit grosser Bedeutung mundartisiert haben und sich nicht nur auf Namen mit geringer, [[Lokalnamen_von_lokaler_Bedeutung|lokalen Bedeutung]] beschränkten:
  
«Statt zwischen '''wichtigen''' und '''unwichtigen''' Namen wurde zwischen '''geschützten''' und '''ungeschützten''' Namen unterschieden, Mundartfachleute ­ die in die Namenschreibung gerne auch eine Weltanschauung hineintragen ­ benützten diese unzutreffende Unterscheidung als Gelegenheit, das im Artikel 5 umschriebene wichtige Namengut als eine Art Niemandsland zu betrachten, indem sie die Grenzen zwischen Dialekt und Schriftsprache weit vorschieben und auf dem sie zum Teil radikal vermundartlichen konnten. Spannungen zwischen Allgemeindienlichkeit und konservativen Sonderinteressen von Dialektfachleuten, Ortsnamenforschern und auch Lokalhistorikern blieben nicht aus, und namentlich die Zürcher scheinen für die Landestopographie zähe und eigenwillige Arbeitspartner gewesen zu sein.»
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«Statt zwischen '''wichtigen''' und '''unwichtigen''' Namen wurde zwischen '''geschützten''' und '''ungeschützten''' Namen unterschieden, Mundartfachleute - die in die Namenschreibung gerne auch eine Weltanschauung hineintragen - benützten diese unzutreffende Unterscheidung als Gelegenheit, das im Artikel 5 umschriebene wichtige Namengut als eine Art Niemandsland zu betrachten, indem sie die Grenzen zwischen Dialekt und Schriftsprache weit vorschieben und auf dem sie zum Teil radikal vermundartlichen konnten. Spannungen zwischen Allgemeindienlichkeit und konservativen Sonderinteressen von Dialektfachleuten, Ortsnamenforschern und auch Lokalhistorikern blieben nicht aus, und namentlich die Zürcher scheinen für die Landestopographie zähe und eigenwillige Arbeitspartner gewesen zu sein.»
  
  

Version vom 15. Januar 2012, 15:06 Uhr

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Namenbuch


Als Nomenklaturkommission wird die Fachstelle des Kantons für die in der amtlichen Vermessung geführten Lokalnamen (geografischen Namen der amtlichen Vermessung) bezeichnet.


Gesetzliche Grundlagen auf Stufe Bund

Grundsätze für geografische Namen

Verordnung über geografische Namen (GeoNV)

  • Art. 4 Grundsätze zur Schreibung geografischer Namen gemäss Verordnung über geografische Namen (GeoNV) (gilt auch für Lokalnamen)
  1. Geografische Namen sind einfach schreib- und lesbar und werden allgemein akzeptiert.
  2. Sie werden, soweit möglich und sinnvoll, in Anlehnung an die Standardsprache (Schriftsprache) der Sprachregion formuliert.
  3. Geografische Namen und ihre Schreibweise dürfen nur aus öffentlichem Interesse geändert werden.

Vgl. Kommentar


Vollzugsregelungen

Verordnung über geografische Namen (GeoNV)

  • Art. 6 Vollzugsregelungen
  1. Das Bundesamt für Landestopografie erlässt Regeln für die geografischen Namen der Landesvermessung und der amtlichen Vermessung (Lokalnamen). Diese bestehen insbesondere aus den Regelungen für die Sprachregionen.


Weisungen 2011 als Vollzugsregeln für die Lokalnamen.


Zuständigkeit

Verordnung über geografische Namen (GeoNV)

3. Abschnitt: Geografische Namen der amtlichen Vermessung

Art. 8 Zuständigkeit

  1. Die geografischen Namen werden von der für die amtliche Vermessung zuständigen Stelle erhoben, nachgeführt und verwaltet.
  2. Die Kantone bestimmen durch Rechtsakt, wer für die Festlegung der geografischen Namen der amtlichen Vermessung zuständig ist.


Kantonale Nomenklaturkommission

Verordnung über geografische Namen (GeoNV)

Art. 9 Kantonale Nomenklaturkommission

  1. Der Kanton setzt eine Nomenklaturkommission ein.
  2. Die Nomenklaturkommission ist Fachstelle des Kantons für die geografischen Namen der amtlichen Vermessung.
  3. Sie überprüft diese Namen beim Erheben und Nachführen auf ihre sprachliche Richtigkeit und Übereinstimmung mit den Vollzugsregelungen nach Artikel 6 und teilt der für das Festlegung der Namen zuständigen Stelle ihren Befund und ihre Empfehlungen mit.
  4. Will die zuständige Stelle den Empfehlungen der Nomenklaturkommission nicht folgen, so holt sie dazu eine Stellungnahme der Eidgenössischen Vermessungsdirektion ein.


Gesetzliche Grundlagen auf Stufe Kanton

Beispiel Kanton Bern

Verordnung über die Nomenklaturkommission (NKV) vom 15.9.2010


Kritik an Nomenklaturkommissionen

Kanton Zürich

Kritik an der damaligen Zürcher Nomenklaturkommission vom 8. Dezember 1979 im Tagesanzeiger unter dem Titel «Pfannenstiel oder Pfannenstil?», die Schreibung von Ortsnamen (Lokalnamen) in der Landeskarte der Schweiz

In diesem Artikel wurde einerseits kritisiert, dass die damalige Nomenklaturkommission des Kantons Zürich auch Lokalnamen mit grosser Bedeutung mundartisiert haben und sich nicht nur auf Namen mit geringer, lokalen Bedeutung beschränkten:

«Statt zwischen wichtigen und unwichtigen Namen wurde zwischen geschützten und ungeschützten Namen unterschieden, Mundartfachleute - die in die Namenschreibung gerne auch eine Weltanschauung hineintragen - benützten diese unzutreffende Unterscheidung als Gelegenheit, das im Artikel 5 umschriebene wichtige Namengut als eine Art Niemandsland zu betrachten, indem sie die Grenzen zwischen Dialekt und Schriftsprache weit vorschieben und auf dem sie zum Teil radikal vermundartlichen konnten. Spannungen zwischen Allgemeindienlichkeit und konservativen Sonderinteressen von Dialektfachleuten, Ortsnamenforschern und auch Lokalhistorikern blieben nicht aus, und namentlich die Zürcher scheinen für die Landestopographie zähe und eigenwillige Arbeitspartner gewesen zu sein.»


In oben erwähnten Artikel wurde anderseits die Frage gestellt, ob die damalige Kommission richtig zusammengesetzt ist:

«Ist es richtig, extremen Mundartfachleuten als Experten ein übergrosses Gewicht bei der Festsetzung der Ortsnamen einzuräumen? Ist die Zürcher Kommission, bestehend aus einem für starke Vermundartlichung plädierenden kantonalen Beamten als Präsidenten, einem Dialektfachmann und einem Historiker offen genug, um auch die allgemeinheitlichen Gesichtspunkte genügend zur Geltung zu bringen? Oder sollte in der Kommission noch mindestens ein Fachmann Einsitz nehmen, der die berechtigten schriftsprachlichen Anforderungen an unsere Landeskarte vertritt?»


Auf dem Hintergrund der in obigen Artikel dargelegten Kritik an der damaligen Nomenklaturkommission war es im Kanton Zürich unvermeidbar, dass gewisse Lokalnamen zurückmutiert werden mussten vgl. hier.


Kanton Thurgau

Kritik an der damaligen Thurgauer Nomenklaturkommission gemäss Mitteilung des Departementes für Inneres und Volkswirtschaft vom 28. Mai 2010

Die Arbeitsgruppe hält in ihrem Bericht fest, dass im Thurgau die Schreibweise von der damaligen Nomenklaturkommission konsequent zu Gunsten einer nicht nur mundartnahen, sondern sogar einer möglichst mundartgetreuen und lautmalerischen Schreibweise festgelegt worden seien.

«In fünf Punkten übt der Bericht von Kellers Arbeitsgruppe Kritik an der Nomenklaturkommission:

  • Doppelvokale wie in Taal, Grooss oder Hüüsere sind unnötig.
  • Namen wie Tuurraa oder Hooenalber verstossen gegen das Gebot der leichten Lesbarkeit.
  • Missachtet wurde die Vorgabe, Wörter wie Feld und Berg nicht zu ändern (Ottebärg, Sunebärg, Fäldhof).
  • Da «Thur» als Flussname nicht verändert werden darf, wäre es besser gewesen, Thurberg oder Thurfeld statt Tuurbärg und Tuurfäld zu schreiben.
  • Verletzt wurde die Bundesvorgabe, Namen von allgemeinem Interesse zu belassen. So hätte der Stählibuck nicht in Stäälibuck umbenannt werden dürfen und der Nollen nicht in Nole.»


Auf dem Hintergrund dieser Kritik konnte im Kanton Thurgau nicht vermiesen werden, dass zahlreiche Namen rückmutiert werden müssen (vgl. hier).


Anforderungen an Nomenklaturkommissionen

  • Beachtung der Grundsätze für geografische Namen und der Vollzugsregelungen.
  • Solange Lokalnamen nicht als eigenständigenständige Fachebene der Namenforschung geführt werden, bestehen Interessenkonflikte zwischen Allgemeininteressen an Lokalnamen als Geoinformation im Sinne von Gebrauchsnamen zur Orientierung Verwendung von Lokalnamen für andere Namen und spezifischen Interessen Seitens der Namenforschung.
  • Eine Nomenklaturkommission sollte so zusammengesetzt sein, dass auch auch die Allgemeininteressen genügend vertreten sind.
  • Eine Nomenklaturkommission trägt eine hohe Verantwortung. Fehlentscheide können kostspielige Rückmutationen verursachen und irreversible Schäden am Namengut als bedeutendes Kulturgut verursachen vgl. hier.


Weitere Infos

Weitere Infos zur Beziehung von Lokalnamen auf amtlichen Karten und Plänen und dem Namenbuch:


Weblinks