Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis Kanton Thurgau 2012

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Siedlungsverzeichnis TG 2012.JPG

Ortstafel Gündelhart (Gemeinde Homburg, Kanton Thurgau)


Die Schreibweise der auf dem Titelbild des Siedlungsverzeichnisses TG 2012 abgebildeten Siedlung «Gündelhart» blieb seit Bestehen der Siegfriedkarte unverändert. Dies im Gegensatz zu zahlreichen anderen Thurgauer Siedlungsnamen, z.B. dem benachbarten Ort «Helmetshausen», dessen Schreibweise 1957 im Übergang von der Siegfriedkarte zur damals neuen Landeskarte in die mundartliche Form «Helmetschhusen» geändert wurde. Während in der Schweiz als Gebrauchsnamen nicht durchsetzbare Mundartschreibweisen von Siedlungsnamen mit der Zeit eher wieder in die ursprüngliche, nahe der Schriftsprache liegende traditionelle Schreibweisen zurückgeändert wurden, erfolgte im Kanton Thurgau 1996 eine Änderung in die umgekehrte Richtung in eine noch lautnahere Schreibweise, in diesem Beispiel Hälmetschhuuse, welche im Siedlungsverzeichnis TG 2005 als «Helmetshausen (Hälmetschhuuse)» aufgeführt wurde. Mit dem Siedlungsverzeichnis TG 2012 werden knapp die Hälfte aller 2266 Siedlungsnamen wieder in ursprüngliche Schreibweise zurückgeändert. Die Schreibweise «Helmetshausen» ist wieder dieselbe, wie vor über 50 Jahren auf der Siegfriedkarte.

Diese Seite vermittelt gewisse Hintergründe zu diesem Prozess. Die swisstopo Zeitreise leistet dazu gute Dienste.


Publikation Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis Kanton Thurgau 2012

Homepage Kanton Thurgau zu Ortschaften und Siedlungen


Das Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis 2005 wurde als Folge des Streits um die Schreibweise der Thurgauer Lokalnamen komplett überarbeitet. Nach den Rückmutationen der Schreibweise der Orts- und Flurnamen im Kanton Thurgau, verwendet das Siedlungsverzeichnis 2012 (mit gewissen Ausnahmen) wieder die ursprüngliche Schreibweisen der Siedlungsnamen.

vgl. St. Galler Tagblatt 21.12.2012 Wie die Thurgauer Orte heissen von Christof Widmer

Dass der Kanton das Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis komplett überarbeitet hat, ist eine Folge des Streits um die Schreibweise der Thurgauer Lokalnamen. Um ihn zu lösen, hat der Regierungsrat 2010 angeordnet, dass die Siedlungsnamen nur noch in der traditionellen schriftsprachlichen Version erfasst werden dürfen. Zuvor hatte die kantonale Nomenklaturkommission die meisten Thurgauer Lokalnamen schon in einer extremen Mundartschreibweise festgelegt. Als die Thurgauer Zeitung 2009 begann drüber zu berichten, löste das eine Welle der Empörung aus. Vgl. auch Lokalnamen.ch


Hinweis: Die Schreibweise der Ortschafts- und Siedlungsnamen im Siedlungsverzeichnis 2012 gilt als provisorischer Stand. Bis Ende 2014 läuft ein Auflageverfahren, bei dem die betroffenen Personen und die Gemeinden zur Namensschreibweise Stellung nehmen können.


Das Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis 2012 kann als Druckpublikation bei der Büromaterial-, Drucksachen- und Lehrmittelzentrale des Kantons Thurgau zum Preis von Fr. 15.- (zuzüglich Versandkosten) bestellt werden. Elektronische Versionen als PDF-Dokument bzw. als Excel Datei stehen weiter unten auf dieser Seite zum Herunterladen bereit.


Siedlungsnamen

Geschichte der Siedlungsnamen Kt. Thurgau

Oskar Bandle, Mitautor des Thurgauer Namenbuches, vermittelt in einem speziellen Kapitel in diesem Werk einen Überblick über die Entstehungsgeschichte der kulturell sehr wertvollen Siedlungsnamen im Kanton Thurgau. vgl. dazu Ortsname und Siedlungsgeschichte - Zur Schichtung der thurgauischen Ortsnamen


Siedlungsnamen als spezielle Lokalnamen

  • «Orts- und Flurnamen», die gemäss Weisungen 2011 «Lokalnamen» genannt werden, bezeichnen Örtlichkeiten (lat. locus), unabhängig, ob diese bewohnt (bewohnte Orte) oder unbewohnt sind. «Lokalnamen» sind grundsätzlich Synonym für «Ortsnamen», wobei heute der Begriff «Ortsnamen» hauptsächlich für bewohnte Orte (Siedlungen) verwendet wird.
  • Mit der zunehmenden Zersiedelung der Schweiz (in den 50 Jahren zwischen 1950 und 2000 wurde mehr verbaut als je zu vor), werden immer mehr Lokalnamen, welche früher als Flurnamen ausschliesslich nicht bewohnte Gebiete (Kulturland) bezeichnet haben, als Namensgeber für Siedlungen übernommen. Solche Lokalnamen werden dabei auch als Elemente von Gebäudeadressen (postalische Ortschaften, Strassenbezeichnungen) sowie Stationsnamen verwendet und bleiben auch dann erhalten, wenn wegen der zunehmenden Siedlungsdichte zu wenig Platz für deren Kartierung auf amtlichen Karten und Plänen besteht.


Beispiel eines Namens aus dem Siedlungsverzeichnis 2012, welcher von einem Flurnamen (Kulturland) zu einem Siedlungsname wurde:

Alt Kloster.JPGAlt Kloster LK1972.JPG

Flurname und später Siedlungsname Alt Kloster Gemeinde Aadorf Siegfriedkarte 1938 und Landeskarte 1972

  1. 1938 Alt Kloster Flurname
  2. 1957 Im alten Chloster gemässigt mundartliche Schreibweise nach Weisungen 1948 für Namen von nur lokalen Bedeutung beim Übergang von der Siegfriedkarte in die neue Landeskarte
  3. 1972 Alt Kloster aus einem Flurnamen wurde ein Siedlungsname; vermutlich deshalb wurde bereits damals die Schreibung wieder in die ursprüngliche Form geändert.
  4. 1996 Alts Chlooschter extremmundartliche Schreibweise im Vorfeld der Bearbeitung des Namenbuchs
  5. 2002 Alts Chlooster Leichte Angleichung des Schriftbildes an die Standardsprache (auch in Namenbuch)
  6. 2008 Altchlooster weitere Anpassungen zu einem einteiligen Namen
  7. 2012 Altkloster Siedlungsverzeichnis 2012


Es existieren in der Schweiz auch Lokalnamen, welche auf einer Karte als Flurnamen und als Siedlungsnamen koexistieren, wie z.B. der Flurname «Niderfeld» (ohne ie) und der Quartiername Niederfeld (mit ie) in der Stadt Winterthur. Eduard Imhof empfahl im Vorfeld der Weisungen 1948 «nieder» immer mit «ie» zu schreiben, wodurch eine solche Schreibdiskrepanz vermeidbar gewesen wäre vgl. hier.

Niderfeld-Niderfeld.jpg

Details zur Örtlichkeit Niderfeld/Niederfeld vgl. hier


Kartierung von Siedlungsnamen auf amtlichen Karten und Plänen

Nur ein Teil der in Gebrauch stehenden Lokalnamen werden auf amtlichen Karten und Plänen kartiert (Auswahl). Falls in der swisstopo Zeitreise beobachtet wird, dass zwischendurch gewisse Lokalnamen in einer Zeitreihe fehlen, heisst das nicht, dass diese Namen nicht mehr existiert hätten oder bei der Kartierung vergessen gegangen sind.

Die Schreibweise auf amtlichen Karten und Plänen entspricht nicht zwingend der im Gebrauch stehenden Schreibweisen (z.B. auf Strassenwegweisern, Dokumenten, Datenbanken, Homepages, Gebäudeadressen usw.), sondern sie bezwecken einen amtlich festgelegten neuen Gebrauch. Es zeigte sich in der Vergangenheit immer wieder, dass auch nach Jahrzehnten sich neue Schreibweisen nicht durchsetzen konnten, sei es, dass man für eine Umstellungen nicht unnötig Geld ausgeben wollte und eine Umstellung auf lange Zeit hinausgeschoben wurde, oder dass eine neue Schreibweise einfach keine allgemeine Akzeptanz fand.


Beispiele: in der Gemeinde Zihlschlacht-Sitterdorf findet sich 1938 auf der Siegfriedkarte die Siedlungen «Degenau» und «Papiermühle». Diese beiden Schreibweisen wurden nun nach über 50 Jahren wieder für das Siedlungsverzeichnis TG 2012 verwendet, da diese Schreibweise anscheinend gebräuchlich sind und auf allgemeine Akzeptanz stossen.

  • 1955 wurde die Toleranz für ein Schriftbild «Papir» arg strapaziert (entsprach auch nicht den Grundsätzen von Weisungen 1948) und die Schreibweise musste 1966 auf «Papier» geändert (normalisiert) werden.
  • 1996 fand die Schreibweise geänderte Schreibweis «Tägenau» für den Weiler «Degenau» keine allgeneine Akzeptanz und musste 2002 wieder auf «Degenau» zurückgeändert werden.
  • 2012 anscheinend findet auch eine «Papiermüli» keine allgemeine Akzeptanz und wird wieder wie auf der Siegfriedkarte auf «Papiermühle» zurückgeändert.


Degenau 1938.JPG

Siegfriedkarte 1938: Degenau und Papiermühle

Degenau 1955.JPG

Landeskarte 1955 Degenau und Papirmüli

Degenau 1966.JPG

Landeskarte 1966 Degenau und Papiermüli

Degenau 1996.JPG

Landeskarte 1996 Tägenau und Papiermüli

Degenau 2002.JPG

Landeskarte 2002 Degenau und Papiermüli]


Lokalnamen als Namensgeber für Siedlungsgebiete der Statistik

Zum ersten Mal wurde ein über das ganze Kantonsgebiet einheitlicher Siedlungsbegriff definiert und angewandt. Dabei werden in der Regel Wohngebäude jeweils zu einer Siedlung zusammengefasst, wenn sie weniger als 100 bis 150 Meter voneinander entfernt liegen. Als trennende Elemente werden zudem Höhenunterschiede, Wasserläufe, Bahngeleise oder Strassen berücksichtigt; als verbindende Elemente gelten Verkehrsmöglichkeiten wie Brücken oder Unterführungen (Quelle: PDF-Dokument der Publikation)


  • So wie Lokalnamen Namensgeber für andere geografische Namen wie postalische Ortschaften, Strassen und Stationen sind, werden Lokalnamen auch zur Bezeichnung von Siedlungsgebieten der Statistik verwendet.
  • Diese müssen bezüglich Auswahl, Geltungsbereich und Schreibweise grundsätzlich nicht zwingend mit den amtlichen Lokalnamen übereinstimmen. Trotzdem macht es Sinn, dass Namen von Siedlungen der Statistik bezüglich oben genannten Aspekten möglichst mit den amtlichen Lokalnamen übereinstimmen.
  • Je besser sich das Schriftbild von Lokalnamen an die Standardsprache anlehnt und als Gebrauchsnahmen eingebürgert ist, desto leichter fällt es, diese für die Übernahme für Namen für die Bezeichnung von Siedlungsgebieten der Statistik, postalische Ortschaften, Strassen, Station, Überbauungen, Planungen usw. zu übernehmen.
  • Die Statistik TG weigerte sich, die neuen, extremmundartlichen Schreibweisen der Lokalnamen, die seit 1996 auf der Landeskarte zu finden sind, in das Siedlungsverzeichnis 2005 zu übernehmen. Man einigte sich als Alternativlösung, den traditionellen Gebrauchsnamen zu belassen und mit der neuen Schreibweise in Klammern zu ergänzen. Die Änderungen der Lokalnamen wurden dadurch öffentlich dokumentiert und stiessen nicht nur in der Statistik, sondern allgemein auf Ablehnung. Der Siedlungsname «Alt Kloster» war im Siedlungsverzeichnis TG 2005 noch nicht enthalten, sonst wäre er vermutlich im Siedlungsverzeichnis 2005 als «Alt Kloster (Alts Chlooschter)» geschrieben worden.


Schreibweise von Siedlungsnamen

Statistische Angaben zu Änderungen der Siedlungsnamen TG

  1. Generation Siegfriedkarte ca. 1870-1955; traditionelle Schreibweise mit hoher Anlehnung an die Standardsprache
  2. Generation neue (heute alte) Landeskarte ca. 1955-1996, z.T. moderat mundartliche Schreibweise nach Weisungen 1948)
  3. Generation Landeskarte, 1996-2011, z.T. extremmundartliche Schreibweise
  4. Generation Schreibweise gemäss Siedlungsverzeichnis TG 2012 mit Rückmutationen hauptsächlich zur Schreibweise der 1. Generation, wie z.T. auch 2. Generation (wird in die Landeskarte übernommen)


  • Im Übergang von der Siegfriedkarte (1. Generation) zur neuen Landeskarte (2. Generation) wurden anhand einer Analyse auf der Grundlage der Zeitreise swisstopo von ca. 1690 Siedlungsnamen auf der Siegfriedkarte ca. 760 Namen geändert (45%).
  • Ab 1966 bis 2011 wurden von ca. 1680 Namen bezüglich Stand der neuen Landeskarte (ca. 1955) ca. 930 Namen geändert (55%). Die Änderungen betrafen nicht Rückmutationen der 2. Generation auf die Schreibweise der Siedlungsnamen in der Siegfriedkarte (1.Generation), sondern eine über Weisungen 1948 hinausgehende, extremmundartliche Schreibweise (3. Generation). Von Ca. 1560 Siedlungsnamen dieser 3. Generation, welche auch in der Siegfriedkarte kartiert waren, weisen ca. 1010 Namen eine geänderte Schreibweise auf (65%).


  • Bei ca. 1690 Siedlungsnamen aus dem Siedlungsverzeichnis TG 2012, welche bereits in den Siegfriedkarte existierten, stimmen ca. 1320 Namen mit der Schreibweise auf der Siegfriedkarte überein (80%).
  • Bei ca. 1760 Siedlungsnamen aus dem Siedlungsverzeichnis TG 2012, welche bereits in der neuen Landeskarte ca. 1955 existieren, stimmen ca. 1110 Namen mit der Schreibweise auf der neuen Landeskarte überein (65%).


Von den 2266 Namen des Siedlungsverzeichnisses TG 2012 wurden ca. 1090 Namen (48%) zurückgeändert.

  • ca. 600 Namen Generation 1 und 2 (55%)
  • ca. 340 Namen Generation 1 (30%)
  • ca. 50 Namen Generation 2 (5%)
  • ca. 100 Namen, welche nicht ganz genau Generation 1 oder 2 entsprechen (10%)


Schreibung von Lokalnamen nicht ändern

  • Gemäss den Grundsätzen der 2008 in Kraft getretene Verordnung über geografische Namen (GeoNV) dürfen geografische Namen und ihre Schreibweise nur aus öffentlichem Interesse geändert werden.
  • Der Redaktor Ruedi Schwarzenbach weist in der Zeitschrift SchweizerDeutsch Namenstreit im Thurgau auf zwei Wichtige Aspekte bezüglich Änderung der Schreibweise von Siedlungsnamen hin:
    • Das Beharrungsvermögen der Namen, das sich aus ihrer Einmaligkeit ergibt. Ein Name ist nicht ein beliebig verwendbares Wort mit seiner Bedeutung (ein Appellativ), sondern ein Wort, das als Name einen Ort – und nur diesen Ort – meint, und zwar so lange, als man etwas von ihm wissen will.
    • Die starke Bindung der Bevölkerung an die Namen, die sie kennt, braucht und in ihre ‹Welt› aufgenommen hat. Er mag noch so schriftdeutsch oder noch so mundartlich geschrieben sein: So, wie sie ihn kennen und brauchen gelernt habe, so soll er bleiben. Wie der Pfannenstiel am Zürichsee, für den sich die Schreibung Pfannenstil der Landeskarte nicht durchgesetzt hat.
  • Der damalige Kantonsgeometer des Kantons Thurgaus, weigerte sich Anfangs der 50er Jahre im Rahmen des Übergangs von der Siegfriedkarte in die neue Landeskarte die Schreibweise der Siedlungsnamen in der amtlichen Vermessung zu ändern.
  • Oskar Bandle, Mitautor des Thurgauer Flurnamenbuchs, propagierte 1952 in der Thurgauer Zeitung die Anwendung der neuen Schreibregeln Weisungen 1948, ging jedoch davon aus, dass die Schreibweise der Siedlungsnamen nicht geändert werden. Trotzdem wurden ca. 45% der Siedlungsnamen geändert (vgl. unten).


Übereinstimmung Schreibweise von Siedlungsnamen und Flurnamen

  • Da Siedlungsnamen und Flurnamen nicht strikte voneinander getrennt werden können und auch das Schriftbild in amtlichen Karten und Plänen von Siedlungs- und Flurnamen eine Einheit bilden sollten, drängt es sich grundsätzlich auf, eine gleichartige Schreibung für Siedlungs- und Flurnamen zu verwenden.
  • Obige Anforderung ist wahrscheinlich auch der Grund, dass im Kanton Thurgau in der Schreibweise nach 1996 für Lokalnamen kein Unterschied zwischen reinen Flurnamen und Namen von kleineren Ortschaften, Weilern, Häusergruppen und Höfen gemacht wurden. Diese wurden im Kanton Thurgau ab 1996 in amtlichen Karten und Plänen in einer für solche Werke ungewohnt extremen Mundarschreibweise geschrieben.
  • Gemäss Schreibregeln Weisungen 1948 resp. Weisungen 2011, werden Lokalnamen mit nur lokalen Bedeutung mundartnah geschrieben, die übrigen Lokalnamen mit mehr als nur lokalen Bedeutung, werden in der traditionellen, herkömmlichen Schreibung vor 1948 belassen werden. Diese Schreibung zeichnet, durch eine hohe Anlehnung an das Schriftbild der Standardsprache aus, beinhaltet jedoch aus Mundartschreibweisen.
  • Da Siedlungsnamen grundsätzlich eine Bedeutung zukommt, die über das Lokale hinausgeht, sollten sie in der herkömmlichen, traditionellen Schreibweise belassen werden. Bei der Schreibung von Siedlungsnamen, insbesondere für kleinere Siedlungsnamen entsteht ein Konflikt in der Art der Schreibweise, welche jedoch mit Weisungen 1948 teilweise behoben werden kann.


Mundartliche Schreibweise

Im Übergang der Schreibung der Siegfriedkarte in die neue Landeskarte in der deutschsprachigen Schweiz gemäss Weisungen 1948 wurde nicht eine strickte Trennung gemacht, in mundartliche Flurnamen und Belassung aller Siedlungsnamen in der traditionellen Schreibweise. Diverse Namen kleinerer Siedlungen wurden damals auch in eine (gemässigte) Mundartschreibweise geändert.


Das Dilemma der Schreibweise von Namen kleineren Siedlungen und Flurnamen wurde mit den Schreibregeln Weisungen 1948 dadurch entschärft, dass für Mundartschreibungen nicht irgend eine beliebige Mundartschreibung zugelassen wurde, sondern gemäss Anhang eine normalisierte, für das Schriftbild von Karten und Plänen angepasste Schreibweise. Diese lehnt sich möglichst an das gewohnte Schriftbild der Standartsprache an und belässt gewisse Schreibtraditionen (wie z.B. das Endungs –n). Kantone, welche diese Schreibregeln bis heute anwenden, haben kaum Probleme mit der Diskrepanz zwischen der Schreibung von Siedlungs- und Flurnamen.

Typische Schreibungen der Weisungen 1948, welche im Siedlungsverzeichnis TG 2012 erhalten geblieben sind:

  • Büel (standardsprachlich Bühl)
  • Buech (standardsprachlich Buch
  • Chöll (standardsprachlich Köll)
  • Müli (standardsprachlich Mühle)
  • Zollershus (standardsprachlich Zollershaus)


Wichtiger Grundsatz der Weisungen 1948 / Weisungen 2011:

  • In der schriftsprachlichen Form sind in der Regel zu belassen: allgemein vertraute, häufig vorkommende Namenwörter, die in gleicher Form auch schweizerdeutsch sind, z.B. Berg, Feld, Weg, Grat (nicht Bärg, Fäld, Wäg, Grot).
  • Schreibung des nicht gesprochenen Endungs –n

Durch die Schreibregeln Weisungen 1948 resp. Weisungen 2011 unterscheiden sich mundartliche Formen nicht von schriftsprachlichen Formen, so dass sich die Frage gar nicht stellt, ob ein Siedlungsname traditionell oder mundartlich geschrieben werden soll.

  • Im Siedlungsverzeichnis TG 2012 sind von 2266 Siedlungsnamen ca. 230 Mundarschreibweisen enthalten (10%). Von diesen Mundartschreibweisen entsprechen ca 190 Namen (82%) der Schreibung um ca. 1955 gemäss Weisungen 1948 resp. Weisungen 2011 vgl. Beispiele hier..
  • Lediglich ca. 40 Schreibweisen weisen eine eher extremmundartliche Schreibung auf (18% der Mundartschreibweisen, 2% aller Siedlungsnamen).


Bei den Weisungen 1948 resp. Weisungen 2011 handelt es sich um Schreibregeln für eine pragmatische Schreibung gemäss im Anhang deklarierten Selbstverständnis: Diese Missstände (aus der Siegfriedkarte) können nur behoben werden, wenn bestimmte Grundsätze und Schreibregeln aufgestellt und befolgt werden. Diese Regeln bilden notgedrungen einen Kompromiss zwischen schriftsprachlicher, traditioneller und mundartlicher Schreibung und kommen in manchen Einzelheiten mehr den praktischen Bedürfnissen und dem sprachlichen Taktgefühl entgegen als wissenschaftlicher Folgerichtigkeit und strengen Prinzipien. Im Weiteren schreibt Eduard Imhof 1948 in [http://www.lokalnamen.ch/bilder/imhof_1948.pdf mein Standpunkt in der Ortsnamenfrage: Sprachliche Einheitlichkeit wird durch meine Vorschläge nicht erreicht. Dieses Mangels binich mir bewusst. Jede Vermischung von Mundarten und Schriftsprache muss den sprachlich geschulten Kartenbenützer unsympathisch sein. Es wäre jedoch ein tragischer Irrtum, zu glauben, sprachliche Einheitlichkeit sei in der Plan- und Kartenbeschriftung der deutschen Schweiz überhaupt erreichbar. Eine kompromissfreie Lösung wäre nur in einer mundartlichen Spezialkarte mit phonetischen Lautzeichen möglich. Hoffen wir, dass auch eine solche nicht allzulange auf sich warten lässt.


Durch eine zu exzessive Anwendung der Weisungen 1948 bei der erstmaligen Anwendung im Überganug von der Siegfriedkarte in die neue Landeskarte wurden speziell bei Siedlungsnamen z.T. auch eher ungünstige Schreibweisen verwendet, welche bei gewissen Sprachwissenschafter eine gewisse Kritik entfachten, dass Weisungen 1948 eine zu wenig gute Schreibung für Mundart sei. Es wurde verkannt, dass Weisungen 1948 nie den Anspruch hatten, eine Schreibung für reine Mundart zu sein, sondern vor allem auf das Schriftbild auf Karten und Plänen ausgerichtet waren wie auch auf den Umstand, dass Lokalnamen nicht in einem dialektalen, sondern meist in einem schriftsprachlichen Kontext gebraucht werden.


Schriftsprachlich ausgerichtete Schreibweise

Siedlungsnamen in der Schweiz sollten generell in der traditionellen Schreibweise belassen werden, wie es auch 2010 der Regierungsrat des Kantons Thurgaus angeordnet hat.

Die schriftsprachlich ausgerichtete Schreibeise von Siedlungsnamen entspricht auch der «Empfehlungen zur Schreibweise von Gemeinde- und Ortschaftsnamen, Richtlinien zur Schreibweise von Stationsnamen» (Kap. 2.1 Allgemeine Grundsätze Artikel 4 GeoNV Erläuterungen zu Absatz 1 zur Art. 4 GeoNV).

Mit dem Übergang von der Siegfriedkarte zur Landeskarte wurden diverse Namen von kleineren Siedlungen in den amtlichen Karten und Plänen eine mundartliche Schreibweise geändert, haben jedoch auch nach langer Zeit die traditionelle Schreibung im Gebrauch beibehalten (wie z.B. Rotbühl). Im Kanton Thurgau wurden solche Namen nicht wie an anderen Orten in der Schweiz nicht rückmutiert, sondern es erfolgte eine Übernahme der lautnahen Schreibweisen aus dem Namenbuch in die amtlichen Karten und Plänen.


Siehe auch



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